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04.09.10 / Vernunft und Emotionen / Verteidigung bleibt vor allem eine nationale Aufgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-10 vom 04. September 2010

Vernunft und Emotionen
Verteidigung bleibt vor allem eine nationale Aufgabe

Wir sind von lauter Freunden umzingelt“, so eine legendäre Äußerung vom damaligen Kanzler Helmut Kohl in den frühen 1990er Jahren. Damals zählte die Nato bloß 16 Mitglieder und selbst demokratische Lichtgestalten wie Vaclav Havel meinten, sie würde demnächst als überflüssig aufgelöst, nachdem ihr feindseliges Pendant, der Warschauer Pakt, mit dem Sturz des Kommunismus unrühmlich verschieden war. Doch Havel irrte: Seit 2007 zählen die EU 27, seit 2009 die Nato 28 Mitglieder, unter letzteren bis auf die früheren Sowjetrepubliken alle Länder des einst kommunistischen Ostblocks. Fachleute unterscheiden die Phasen Nato I (1949 bis 1989), Nato II (1990 bis 1999) und Nato III seither.

Die EU verfügt (wie auch die Nato) nicht über eigene Soldaten, möchte aber als „globaler Akteur“ auch zu zivilem oder militärischem Krisenmanagement befähigt sein. Das entsprechende Instrument war die 1992 in Maa-stricht geschaffene Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die im Maße vertiefter EU-Integration und eskalierender Weltkonflikte ungenügend war. Folglich wurde sie 1999 durch die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) verstärkt. An dieser können auch Nicht-EU-Staaten wie beispielsweise die Schweiz teilnehmen, und die Anschläge vom 11. September 2001 haben die Notwendigkeit vereinter Terrorabwehr demonstriert.

Und da liegt die Flinte im Korn, denn Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind und bleiben Domänen nationaler Regierungen. Die 27 EU-Staaten bieten derzeit 1,8 Millionen Soldaten auf und finanzieren Wehretats von zusammen 275 Milliarden Euro.

Diese Mittel verpuffen größtenteils, denn hinter ihnen stecken auch nationale Phobien. Beispielweise leisten sich die elf Millionen Griechen mit 134000 Soldaten die relativ größte Armee Europas, für die sie 4,3 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts auswerfen, wo 1,7 Prozent europäischer Durchschnitt sind. Das hat jüngst den Unmut der OECD erregt, denn Athen hat keine Feinde, nur hausgemachte Ängste vor dem „Erzfeind Türkei“ (Nato-Partner) und dem „Landräuber Makedonien“ (EU-Beitrittskandidat).

Vor allem deutsche Rüstungsbetriebe profitieren von der griechischen Mittelverschwendung, die allein durch den Verkauf von rund 1000 Leopard-Panzern über zwei Milliarden Euro einstrichen. Dabei können die 330 modernsten Leopards seit Wochen nicht benutzt werden, weil dem fast bankrotten Land Geld für Treibstoff und Munition fehlt.

Überdimensioniert erscheinen auch die Armeen Polens (150000), Rumäniens (62000) und Tschechiens (24000). Der reale Nutzen aller Armeen ist gering, wie militärische ESVP-Missionen am Horn von Afrika, im Kosovo, in Afghanistan, Georgien zeigen: Hohe Kosten, viele Opfer, wenig Erfolg. Zum Glück geschah das Gros der 22 Missionen seit 1999 im zivilen Bereich.    Wolf Oschlies


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