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04.09.10 / Selbst der Europarat bedauert die Diskriminierung / In Slowenien leben nur noch wenige Deutsche, doch die Geschichte der Volksgruppe beeindruckt – »Unerwünschte Minderheiten«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-10 vom 04. September 2010

Selbst der Europarat bedauert die Diskriminierung
In Slowenien leben nur noch wenige Deutsche, doch die Geschichte der Volksgruppe beeindruckt – »Unerwünschte Minderheiten«

Seit Juli wird in Kärnten wieder um zweisprachige Ortstafeln gestritten. Österreichs Verfassungsgerichtshof rechnet mit 270 Siedlungen mit slowenischem Bevölkerungsanteil, doch die Anbringung der Schilder wird vor Ort oft verweigert oder verschleppt. Im benachbarten Slowenien schaut man gelassen zu, zumal man seine eigenen Minderheiten alles andere als großzügig behandelt.

August Gril, Vorsitzender des 2004 gegründeten „Verbands der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien“, sieht Parallelen: Österreichischer Chauvinismus gegen Slowenen, slowenischer gegen Deutsche! Gril hatte 1992 mit seinem „Gottscheer Altsiedler-Verein“, benannt nach der aus dem 14. Jahrhundert stammenden deutschen Sprachinsel in Südslowenien, ersten Widerstand initiiert, was ihm und anderen blanken Hass einbrachte: Er sei ein „sluzasti Kocevar“ (schleimiger Gottscheer), in den Karsthöhlen des Hornwalds, wo 1945 deutsche Massakeropfer „entsorgt“ wurden, sei noch Platz für viele Deutsche, für das Hissen der deutschen Nationalfahne drohten slowenische Bürgermeister gar mit 30 Tage Haft an.

Im Dezember 2000 behauptete die Journalistin Alenka Auersperger in „Radio Slovenija“, dass Deutsche in Deutschland und in Slowenien von „Angehörigen der ehemaligen SS“ politisch dirigiert würden. Die Deutschen verklagten Frau Auersperger, die in zwei Instanzen freigesprochen wurde.

Im Februar 2006 besuchte dann aber der slowenische Staatspräsident Janez Drnovsek „seine“ Deutschen und mahnte, die Vorurteile aus Kriegszeiten gegen Deutschland (und Österreich) zu beenden – spätestens jetzt, nachdem Slowenien mit deutscher Unterstützung  EU-Mitglied wurde. Umsonst: Das 2002 geschlossene Kulturabkommen mit Österreich wurde jahrelang nicht implementiert, und verärgert rügte die Antirassismus-Kommission des Europarats (ECRI) in ihren Reports von 2002 und 2007, dass Slowenien keine Anstalten mache, den Vorurteilen gegen Deutsche und deren Diskriminierung entgegenzutreten.

Marjan Pungartnik, 2004 Kulturchef in Marburg an der Drau (Maribor), erläuterte Sloweniens offen diskriminierende Minderheitenpolitik: „Außer Italienern, Roma und Ungarn werden bei uns keine Minderheiten anerkannt, die anderen gelten als Übersiedler. Die größten Probleme entstehen bei den sogenannten unerwünschten Minderheiten, den Deutschen und Juden.“

Zwar teilen die Deutschen (noch) nicht das Schick­sal der 30000 Serben, die 1992 per Federstrich ausgebürgert wurden, aber leicht ist ihr Leben nicht. An slowenischen Schulen gibt es Deutschunterricht, an Schulen der deutschen Minderheit gilt dagegen das Gesetz von 2004, das überall die strikte Anwendung des Slowenischen vorschreibt. Solche Diskriminierungen werden mit dem zahlenmäßigen Niedergang der Deutschen begründet, die bei der Volkszählung 1991 nur 546, 2002 ganze 499 Seelen ausmachten. Allerdings wurden 2002 noch 1628 deutsche Muttersprachler gezählt – bei Staatsbürgern, die fein säuberlich in „Deutsche“, „Österreicher“ oder „Gottscheer“ unterschieden wurden. August Gril kennt die Einschüchterungsversuche slowenischer Behörden, die möglichst wenig Deutsche registrieren wollen. Er hält die amtlichen Daten für falsch und geht von mindestens 6000 Deutschen aus.

Die Slowenien-Deutschen sind die älteste deutsche Volksgruppe im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien, in den ältesten Teilen (Sprachinsel Zarz) sind sie seit etwa 1200 nachweisbar. Doch das Gebiet des heutigen Slowenien kam schon um 800 in den Einflussbereich des Frankenreichs von Karl dem Großen und gehörte ab dem 10. Jahrhundert als Herzogtum (Mark) Krain und Untersteiermark ununterbrochen bis 1918 zum Heiligen Römischen Reich respektive zu Österreich. 1910 lebten noch 106377 Deutschsprachige in diesen beiden österreichischen Kronländern.  1918 kamen die Regionen zum „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS), schon 1921 gab es nur noch 39631 Deutsche in Slowenien.

Die Nagelprobe kam im Zweiten Weltkrieg, als Jugoslawien von Deutschen und Italienern erobert und Slowenien geteilt wurden, bekundet Bogo Skalicky, Nestor der Marburger Journalistik: „Es galt, was Hitler 1941 sagte, als er Maribor besuchte: ,Machen Sie mir dieses Land wieder deutsch.‘ Es wurde geteilt: Bis zu dem Fluss Sava war es deutsch, darüber italienisches Gebiet.“

Bei der Aufteilung wurde Gottschee italienisch, weswegen 11605 Deutsche es verließen, 324 blieben. Aus letzteren rekrutierten sich die 56 Deutschen, die bei Titos Partisanen kämpften. Nach 1945 wurde Gottschee ein riesiger Friedhof, wie der Historiker Mitja Ferenc, Experte für Slowenien-Deutsche, urteilte. Tötung, Vertreibung und Flucht sorgten für den Rückgang des Deutschtums: 1948 waren es noch 1824, 1953 nur noch 1617 und so abwärts weiter. Aber es gibt sie noch: In Laibach (Ljubljana) die Germanistin Doris Debenjak, die imposante Wörterbücher veröffentlicht, sowie weitere deutsche Vereine in grenznahen Gebieten, allen voran in Marburg die „Kulturvereinigung deutschsprechender Frauen Brücken“, leitet. „Brücken“ hat, geleitet von Veronika Haring, viel für die Wiederbelebung der nach dem Krieg verbotenen deutschen Sprache getan.

Laibach hatte noch bis ins 19. Jahrhundert hinein eine deutsche Mehrheit, 1880 betrug deren Anteil noch 23 Prozent. Marburg an der Drau war 1910 sogar noch zu 80 Prozent deutschsprachig. Seit 1969 unterhält Maribor eine Partnerschaft mit Marburg an der Lahn, die ein wichtiger Beitrag der deutschen Wiederentdeckung der Slowenien-Deutschen war. Für die antideutsche Hysterie der Slowenen hat August Gril nur noch Spott übrig: Werft uns doch hinaus, aber dann holt euch technische Hilfe für eure deutschen Autos und Maschinen bei Albanern!         Wolf Oschlies


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