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11.09.10 / Das verschwundene Land / US-Bürger vermissen die ehemals »unbegrenzten Möglichkeiten«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Das verschwundene Land
US-Bürger vermissen die ehemals »unbegrenzten Möglichkeiten«

Die USA galten über Generationen als das Reich des Aufbruchs, gemacht für Tatmenschen. Wer mit genügend Energie und Optimismus ans Werk ging, der konnte hier alles werden, ungehemmt von Standesgrenzen, erdrückenden Steuern und der Missgunst neidischer Nachbarn.

Dieses Bild lockte Millionen ehrgeiziger Auswanderer in die Vereinigten Staaten und verlieh ihren Bewohnern das gute Gefühl, am besten Ort der Welt zu sein. Dass dieses Land die globale Führung übernehme, schien nachgerade logisch, denn die USA war gleichbedeutend mit Zukunft ohne Grenzen, Wachstum ohne Schranken.

Diese Binnen- wie Außenwahrnehmung hat in der jüngsten Zeit beträchtliche Kratzer abbekommen. Und das schon vor Beginn der Finanzkrise. 2007 ergab eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung in den USA, China, Japan, Frankreich, Großbritannien, Russland, Indien, Brasilien und Deutschland, dass die insgesamt 9000 Befragten die USA auf dem absteigenden Ast sahen. Zwar nannten auf die Frage „Wer regiert die Welt?“ noch über 80 Prozent die Vereinigten Staaten, für 2020 aber wollten das nur noch 61 Prozent so sehen, während hinsichtlich Chinas der Wert von 50 auf 57 Prozent stieg.

Neben der Stärke in Wirtschaft, Bildung, Forschung und Militär wird ein erfolgreiches und attraktives Gesellschaftsmodell stets für besonders wichtig erachtet, um den Rang einer Weltmacht beanspruchen zu können. Gerade was die Wirtschaft und noch das Gesellschaftsmodell angeht, sehen immer mehr Menschen die USA kritisch.

Das Gesellschaftsmodell der USA beruhte stets auf dem Vertrauen auf Eigeninitiative, mit der es angeblich jeder nach oben schaffen könne. Die amerikanische Mittelschicht aber erlebt gerade das genaue Gegenteil. Forscher wollen ermittelt haben, dass der wirtschaftliche Aufstieg sogar im vermeintlich verkrusteten Deutschland mittlerweile leichter zu schaffen sei als in den USA. Dort gelte wie einst im alten Europa: Wer unten geboren wurde, der bleibe auch unten.

Dies raubt der amerikanischen Mittelschicht ihren wichtigsten Schatz: ihren scheinbar unzerstörbaren Optimismus. Von der Außenwelt bewundert, schafften es die „Yankees“, aus jeder Krise mit neuer Zuversicht aufzustehen und die Hoffnung nicht zu verlieren. Nun aber, da sich das Versprechen des für jeden möglichen Aufstiegs zunehmend als leer entpuppt, geht dieser Optimismus immer mehr US-Amerikanern verloren.

„Wir wollen unser Land zurück“ ist die Parole der rechten „Tea Party“-Bewegung. Damit trifft die überaus erfolgreiche Bewegung den Nerv von Millionen: Verstört erkennen sie ihre Vereinigten Staaten von Amerika nicht wieder, glauben sich in ein anderes Land versetzt. Sie wollen wieder optimistisch in die Zukunft gehen, an ihre Stärke und die ihres Landes wieder glauben können. Es ist zweifelhaft, ob dieses Land je zu ihnen zurückkehrt.    H.H.


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