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11.09.10 / Verjährung als Ziel / Osteuropa: Alt-Geheimdienstler blockieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Verjährung als Ziel
Osteuropa: Alt-Geheimdienstler blockieren

Herta Müller, Deutsche aus Rumänien und 2009 Nobelpreisträgerin für Literatur, mag ihre alte Heimat nicht: „Die ehemalige Nomenklatur und die Geheimdienste haben alle Posten im Land unter sich aufgeteilt, was auch die allgemeine Korruption hier erklärt.“ Seit 2007, als Rumänien der EU beitrat, wurde alles schlimmer. Ceausescus Geheimpolizei Securitate, in den 1990er Jahren kaum behelligt, danach kurzzeitig vom „Nationalrat zum Studium der Securitate-Archive“ bedrängt, ist wieder obenauf, seit das Verfassungsgericht 2008 den Nationalrat für illegal erklärte. Ausgenommen von Deutschland, wo die DDR und ihre Stasi 1990 verschieden, haben sich im Osten Europas die alten Spitzelapparate in neue Geheimdienste gerettet.

In Tschechien machen sich 140000 frühere Zuträger einen schönen Tag, noch mehr in Bulgarien. Dort ist das „Regenschirm-Attentat“ von 1979 auf den Dissidenten Georgi Markov verjährt, der Papst-Anschlag vom Mai 1981 wird es 2011 sein. Überall plädierten Belastete für „Schlussstrich und Neuanfang“ und sabotierten in Polen und Tschechien „Lustrationsgesetze“ – neue Geheimdienste sind (wie in Rumänien) zu 70 Prozent von alten Terrorkadern verseucht. In Bulgarien kursieren Namenslisten von Zehntausenden Ex-Geheimen, die aber jedes öffentliche Amt bekleiden dürfen.

Zu ihrer Rechtfertigung verweisen die neu-alten „Kader“ auf das schlechte Beispiel Albaniens, das sie verhüten wollen. Der alte Geheimdienst Sigurimi aus den Zeiten des Kalten Krieges hat zwar kaum Auslandsspionage betrieben, dafür aber brutalsten Inlandsterror: 10000 Mitarbeiter steuerten ein riesiges Spitzelnetz und unterhielten eigene Gefängnisse, Straflager und als albanische Spezialität „Internierungsdörfer“, in denen Verdächtige wie lebende Tote weggesperrt wurden. All das kommt nun mehr und mehr ans Licht, seit das Staatsarchiv mit Schweizer Hilfe geordnet wurde.

Motor der Aufklärung ist seit 2001 das „Zentrum zum Studium des Kalten Kriegs“. Damals spielte Albanien mit seiner Feindschaft zu Jugoslawien und später zur Sowjetunion und seiner Anhänglichkeit an China und Nordkorea eine Sonderrolle, für die sich heimische und ausländische Historiker brennend interessieren.         Wolf Oschlies


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