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11.09.10 / Die Mär vom Generationswechsel / Birma: Erste Neuwahl seit 20 Jahren soll Demokratie vorspiegeln – Atomarer Ehrgeiz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Die Mär vom Generationswechsel
Birma: Erste Neuwahl seit 20 Jahren soll Demokratie vorspiegeln – Atomarer Ehrgeiz

Einer riesigen Pagode gleich wächst das Parlamentsgebäude von Birma (Myanmar) in der Hauptstadt Pyinmana (mit anderem Namen Naypyidaw) mit seinen drei mächtigen Türmen in die Höhe. Der Neubau soll eine neue Ära in dem seit 1962 von einer gnadenlosen Militärjunta regierten Land repräsentieren. Denn das frühere, südostasiatische Königreich Birma mit der ehemaligen Hauptstadt Rangun am Unterlauf des Flusses Irrawaddy sieht laut Berichten offiziell einem Generationswechsel entgegen. Doch in Wirklichkeit wird sich nur wenig ändern, denn der alte Herrscher wird weiter aus dem Hintergrund fungieren und die ihm vertrauten, zurückgetretenen Generäle werden sich weiter im Zusammenspiel mit Nordkoreas Diktator Kim Jong II. intensiv um den Bau einer Atombombe bemühen.

Ihre Angst vor einer Invasion von außen, etwa durch die USA, war der Grund für die Verlegung des Regierungssitzes tief ins Inland. Von der Volksrepublik China finanzierte, panzertaugliche Straßen bis zur Küste sichern dem großen Bruder in Peking zugleich den strategischen Zugang zum Indischen Ozean. Rotchina wird also weiterhin zusammen mit der Junta die Fäden ziehen.

Im August wurden bereits mehr als 70 führende Militärs ausgewechselt, selbst in der obersten Spitze gab es Rückzüge der alten Männer aus den Ämtern. Der anscheinend spektakuläre Schritt zur Verjüngung der Führungskader erfolgte kurz vor der für den 7. November angesagten Wahl, der ersten seit 20 Jahren. Der äußerst zurückgezogen lebende und seit 1992 regierende 77-jährige Führer Than Shwe sowie sein ebenfalls 77 Jahre alter Vertrauter Maung Aye blieben trotz Rücktrittsgerüchten im Amt und lassen offen, wann sie ihre Uniformen ausziehen und welche Rolle sie im künftigen Birma spielen wollen.

Beobachter im benachbarten Thailand werten die ganze Prozedur denn auch als Farce, um dem berüchtigten Terrorregime im Ausland einen legitimen und zivilen Anstrich zu verpassen – einer korrupten Regierung, die ihren Finanzbedarf teilweise sogar aus Einnahmen des Drogenhandels im sogenannten Goldenen Dreieck speist. Für den Verdacht der Kritiker spricht, dass die Aktivisten des Landes für mehr Demokratisierung bei der Neuorientierung ausgeschaltet bleiben. Selbst der 2004 für mehr Reformen eingetretene Premierminister, Khin Nuyunt, wurde sofort aus dem Verkehr gezogen und ins Gefängnis gesperrt.

Die neue, handverlesene Generation der Militärs ist dafür bekannt, dass sie dem von seinen Gegnern als paranoid bezeichneten Than Shwe gegenüber zu 100 Prozent loyal sind. Schon jetzt, so der in den USA lebende Aktivist Win Min, wacht Shwe ängstlich darüber, dass alle Kräfte beseitigt werden, die seinem Vize gegenüber Anzeichen größerer Loyalität zeigen als ihm selbst. 

Im neuen Parlament soll ein Viertel der Sitze ohnehin für das Militär reserviert sein. Zusammen mit den jetzt ins Zivilleben zu-rückgekehrten Methusalem-Offizieren, die für die Abgeordneten-Sitze der Partei Union Solidarity and Development Party (USDP) kandidieren wollen, dürfte es ihm ein Leichtes sein, das neu geschaffene Zerrbild einer Demokratie hinter den Kulissen zu beherrschen und nach seinen Wünschen zu manipulieren. Auch die Zahl der 40 zur Wahl zugelassenen Parteien trügt, ihre Führer kollaborieren längst mit der heutigen Spitze.

Die „Demokratie-Ikone“ des von Überflutungen und Willkür gebeutelten Landes, Aung San Suu Kyi, bleibt abwechselnd durch Gefangenschaft oder Hausarrest weiter ausgeschlossen. 1990 war die Friedensnobelpreisträgerin von 1991 erdrutschartig und mit überwältigender Mehrheit gewählt worden, durfte aber unter dem Diktat der alternden Generäle die Macht nicht übernehmen. Die Gegenpartei National League for Democracy (NLP), die für die Junta über lange Jahre die größte Bedrohung war, boykottiert die Wahlen ohnehin, da die Regeln „unfair“ und somit für Regimegegner chancenlos seien. Sie setzt, so der Aktivist Aung Naing Oo, auf eine biologische Lösung, durch den Tod der überalterten Junta-Bosse. „Erst in einigen Jahren werden wir Chancen sehen.“          Joachim Feyerabend


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