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11.09.10 / Nicht im Schweigen verharren / Der Opfer von Vergewaltigungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg gedacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Nicht im Schweigen verharren
Der Opfer von Vergewaltigungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg gedacht

Das lange Zeit tabuisierte Thema der Vergewaltigung von Frauen als Begleiterscheinung und Fortsetzung der Kriegshandlungen im Zweiten Weltkrieg, das vor allem betroffene deutsche Frauen im Schweigen verharren ließ, hat in den letzten Jahren mit einigen Bucherscheinungen eine gewisse öffentliche Aufmerksamkeit erlangt. Eine Veranstaltung der Sudetendeutschen Gesellschaft (SDG) in Berlin, die Anfang August in der Thüringer Landesvertretung stattfand, wollte hier zur Aufklärung beitragen. Gabriele Köpp, die mit ihrer Schilderung der selbst erlebten Vergewaltigungen als junge Frau am Ende des Krieges erstmals unter Brechung der Anonymität viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt hat, konnte zwar aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen. (Sie verstarb nur wenige Tage später am 6. August.) Sie stand den Teilnehmern der Diskussion dem Vorsitzenden der SDG Peter Josef Vanca, der Hauptreferentin Edith Kiesewetter-Giese, der Präsidentin des Frauenverbandes des Bundes der Vertriebenen (BdV) Sibylle Dreher und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus Michael Braun jedoch als Beispiel bisher verschwiegener Tatsachen vor Augen. In einem eindrücklichen Referat schilderte die Vorsitzende der Frauengruppe Berlin des BdV Kiesewetter-Giese wohl abgewogen die Rahmenbedingungen des Krieges wie die erschütternden Schicksale einiger Frauen, die sie auch anhand ihrer Arbeit in ihrer Frauengruppe erfahren hatte und die sie anonymisiert als Fallbeispiele darstellen konnte. Im Verlauf der anschließenden Diskussion, die in einer gespannten Atmosphäre eines lange tabuisierten Themas stattfand, kamen einige Merkwürdigkeiten zur Sprache. So das lang andauernde Schweigen auch der Vertriebenenverbände gegenüber den Vergewaltigungsopfern, aber auch das unterentwickelte Gedenken heute. Zwar verwies Sibylle Dreher auf ein Denkmal, das in Kreuzberg stehe. Doch forderte der kulturpolitische Sprecher der CDU Braun, wie in seinem Antrag, dem die CDU-Fraktion zugestimmt hatte, und der im Abgeordnetenhaus abgelehnt wurde, die Errichtung eines Denkmals in Berlin für die Vergewaltigungsopfer. Auch deshalb, weil dieses Thema in der Gesellschaft noch immer rumort. So zum Beispiel wenn Pflegekräfte sich meldeten, dass sie Frauen pflegen sollen, die sich von Fremden nicht anfassen lassen wollen.

Der Versuch mit der russischen Seite darüber ins Gespräch zu kommen, scheiterte im ersten Anlauf, da eingeladene Vertreter der Botschaft kein Interesse bekundeten. Daher bat der Vorsitzende der SDG Vanca den russischen Botschafter Vladimir N. Grinin auch in einem Brief um ein gemeinsames Treffen mit Zeitzeugen. Doch bisher reagierte der Botschafter noch nicht auf diesen Vorschlag zur Einrichtung eines Gesprächskreises. Unter den Interessenten der Veranstaltung, die in die Thüringer Landesvertretung kamen, meldete sich auch eine Betroffene aus den Reihen der Zuhörer zu Wort. Sie wolle keine Entschädigung und keine Aufrechnung von Schuld. Aber allen betroffenen Frauen täte eine Kenntnisnahme und Verständnis von Seiten der Russischen Föderation, eben eine Reaktion des Bedauerns gut. Vielleicht findet das öffentliche Reden, das bei dieser Veranstaltung vorsichtig eingeübt wurde, ja eine baldige Fortsetzung auch mit russischen Vertretern. Den betroffenen Frauen wäre es zu wünschen.   Ulrich Miksch


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