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18.09.10 / Von Muslimen kein Wort / »Integrationsprogramm« der Bundesregierung veröffentlicht: Immigranten werden in einen Topf geworfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-10 vom 18. September 2010

Von Muslimen kein Wort
»Integrationsprogramm« der Bundesregierung veröffentlicht: Immigranten werden in einen Topf geworfen

Lange zuvor ausgearbeitet, fällt das Programm mitten in die Sarrazin-Debatte – und offenbart mehr Schwachstellen als Lösungsansätze.

Dass das „Integrationsprogramm“ der Bundesregierung ausgerechnet jetzt veröffentlicht werde, habe nichts mit der aktuellen Sarrazin-Debatte zu tun. Darauf beharren die Verantwortlichen im Bundesinnenministerium. Auch wenn die Deutschen mittlerweile misstrauisch geworden sind – das darf man ihnen glauben: Der 200-Seiten-Wälzer kann unmöglich in den wenigen Wochen entstanden sein.

Doch vielleicht hätte es den Autoren gut getan, wenn sie die von Thilo Sarrazin losgetretene Diskussion in ihr Werk hätten einarbeiten können. So nämlich spielen die speziellen Integrationsprobleme muslimischer Zuwanderer in dem Epos keine gesonderte Rolle. Kein Wunder: Besonders „Migrationsexperten“ bemühten sich bislang, die Unterschiede zwischen verschiedenen Zuwanderergruppen, ja sogar zwischen Deutschen und Zuwanderern allein mit „sozialen“ Ursachen zu erklären. Dass auch kulturell-religiöse Gegensätze zu Desintegration und zur Ghettobildung führen können, wurde angestrengt übersehen. So preist das „Integrationsprogramnm“ die (in der Tat vorbildliche) Arbeit spanischer Elternvereine als ein leuchtendes Beispiel für andere Immigrantengruppen, dem es nur nachzueifern gelte. Doch seit Sarrazin ist jedem Deutschen präsent, dass die Probleme katholischer Spanier mit denen sunnitischer Araber nicht im geringsten gleichzusetzen sind.

Den Autoren ist immerhin bereits klar gewesen, dass nur immer neue und kostspieligere „Angebote“ an die neuen Nachbarn allein nicht ausreichen. Das „Integrationsprogramm“ bekennt sich zum Prinzip des „Förderns und Forderns“, das, bei aller Hilfestellung, aktive Integrationsanstrengungen der Immigranten einklagen will.

Das Programm legt einen Schwerpunkt auf den Erwerb der deutschen Sprache und schlägt eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, die indes alle nicht sonderlich neu klingen: Etwa das Herangehen an die Eltern, die frühkindliche Erziehung oder die Kooperation mit Immigrantenver­einen. Nebenbei bekommt der Leser einen Eindruck davon, wie groß die Zahl der staatlich geförderten Vereine und freien Träger im Bereich Integration ist und wie endlos die Menge der laufenden Programme, mit der die Probleme angegangen werden – mit offenbar recht wechselhaftem Erfolg.

Beklagt wird, dass nur 1,2 Prozent der Lehrer einen Einwanderungshintergrund haben, was auch darauf zurückzuführen sei, dass von den Studenten mit ausländischen Wurzeln prozentual nur halb so viele ein Lehramt anstreben wie jene mit ausschließlich deutscher Herkunft. Hier soll Überzeugungsarbeit bei den Studenten geleistet werden, wobei sogar eine Quotenregelung diskutiert (aber – noch? – nicht gefordert) wird.

Mit Nachdruck fordern die Autoren des Programms nicht nur von den Immigranten, sondern auch von den Einheimischen „interkulturelle Öffnung“ und verweisen stolz auf die Kampagne „Vielfalt als Chance“, mit der die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) mittels „intensiver Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, mit Veranstaltungen und Wettbewerben für Vielfalt in Wirtschaft und Verwaltung“ eintrete. Mit „Vielfalt“ ist die gezielte Anstellung von Immigranten gemeint. Das Bundesinnenministerium unterstütze die »Vielfalt«-Offensive mit dem Pilotprojekt „Migranten in die Bundespolizei“.

Laut dem Integrationsprogramm soll noch enger mit Immigrantenvereinen kooperiert werden, die als Brücke der Integration verstanden werden. Ihnen sollen Hilfen aller Art zufließen, neben Geld geht es vor allem um die „Professionalisierung“ ihrer Arbeit. Keine Erwähnung findet, dass viele jener Vereine sich weniger um Integration bemühen als für das Gegenteil: Türkenvereine schrien auf, als eine Berliner Schule mit 90 Prozent Immigrantenanteil 2006 im Einvernehmen von Schülern, Eltern und Lehrern beschloss, auf dem Schulhof nur noch Deutsch zu sprechen.

Wichtig ist den Verfassern des Bundes-Integrationsprogramms der Kampf gegen „Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus“. Lobend werden einige, teilweise schon seit Jahrzehnten laufende staatlich geförderte Programme in diesem Feld hervorgehoben. Ihnen ist vor allem gemein, dass sie „Rassismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ ausschließlich bei einheimischen Deutschen verorten und bekämpfen. Rassismus unter Immigranten, meist gegen Deutsche gerichtet, findet in diesen Programmen keine Berück­sichtigung und wird auch im Integrationsprogramm nicht erwähnt.

Das Land Berlin ist übrigens bereits weiter als der Bund und hat anstelle eines weiteren Programms sogar schon ein eigens „Integrationsgesetz“ erlassen. Der deutschlandweit bekannte Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), hat dafür nur Spott übrig: „Das ist die Karikatur eines Gesetzes. Zeigen Sie mir einen Satz, in dem steht, was die Gesellschaft von Migranten erwartet, was Integration ist, wie wir die Probleme der Bildungsferne lösen und wirkliche Teilhabe am Bildungssystem sicherstellen wollen. Fehlanzeige.“ Stattdessen werde angeordnet, dass Bestatter Gummihandschuhe anziehen sollten, wenn sie Muslime ohne Sarg beerdigten, und dass kirchliche Feiertage künftig „religiöse Feiertage“ heißen sollen, so Buschkowsky im „Stern“. Hans Heckel


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