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18.09.10 / Bilder einer Reise nach Italien / Berliner Kupferstichkabinett bereitet große Schinkel-Ausstellung vor – Schon jetzt werden Werke gezeigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-10 vom 18. September 2010

Bilder einer Reise nach Italien
Berliner Kupferstichkabinett bereitet große Schinkel-Ausstellung vor – Schon jetzt werden Werke gezeigt

Das Berliner Kupferstichkabinett betreibt zurzeit ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt zur konservatorischen Sicherung wie zur Erforschung, Katalogisierung und Digitalisierung eines Kernbestandes seiner Sammlung, des „Schinkel-Museums“. Krönender Abschluss soll im Herbst 2012 eine große, interdisziplinäre Ausstellung sein.

Doch schon jetzt sind im Kupferstichkabinett bedeutende Arbeiten von Karl Friedrich Schinkel zu sehen. Präsentiert werden etwa 25 zentrale Werke der ersten italienischen Reise Schinkels (1803–1805). In einer „Versuchsanordnung“ wird dokumentiert, wie Schinkel die Eindrücke von bedeutenden europäischen Bauten, Orten und Kulturlandschaften in eigene Ge-schichtsbilder übersetzte, die sein gesamtes späteres Werk prägten.

Wie so viele seiner Zeitgenossen machte sich auch Schinkel auf den Weg nach Italien. Mit seinem Freund Georg Steinmeyer zog er los, finanziert durch eine kleine Erbschaft und Honorare, unter anderem für ein Haus, das er für Steinmeyers Vater gebaut hatte. Über Dresden, Prag und Wien gelangten die beiden in das Sehnsuchtsland der Deutschen. In Briefen an seine Schwestern Sophie und Charlotte schreibt Schinkel begeistert: „Von Neapels herrlichen Gefilden, vom Fuß des drohenden Vesuv, schiffte ich vier Tage durch die Flut des Meeres dem heißen Afrika entgegen… Des mächtigen Ätnas dampfendes Haupt, gegen dessen Verwüstung der Vesuv wie ein Kinderspiel erscheint, nahm mich bei Nacht in einer Höhle auf und zeigte mir mit dem Licht der kommenden Sonne die Küste Afrikas …“ Im Gegensatz zu diesen euphorisch klingenden Zeilen stehen seine nüchternen Tagebuchaufzeichnungen. Dort notierte er gewissenhaft alle Eindrücke und hielt sie in Skizzen und Zeichnungen fest. Sein Plan, ein Werk über Architekturtheorie an italienischen Beispielen herauszugeben, scheiterte am Tod des Berliner Verlegers Johann Friedrich Unger.

Zunächst begegnete Schinkel der Architektur sehr kritisch. So schreibt er an David Gilly, den Vater seines früh verstorbenen Lehrers Friedrich Gilly (1772–1800): „Der größte Teil der Denkmäler alter Baukunst bietet nichts Neues für den Architekten, weil man von Jugend auf mit ihnen bekannt wird. Der Anblick in der Natur hat etwas Überraschendes, was nicht sowohl von ihrer Größe als von der malerischen Zusammenstellung herkommt. Die Größe dieser Werke fällt nicht auf, weil wir Werke gotischer und neuerer Baukunst haben, die in dieser Rücksicht mehr Wirkung tun.“ Das hielt ihn indes nicht davon ab, Zeichnungen so mancher Bauwerke anzufertigen wie die von der Kathedrale in Palermo. Er reduzierte den gotischen Bau allerdings um seine barocken Ergänzungen und empfand ihn so stilreiner als in der Wirklichkeit.

In Rom schließlich fand Schinkel, der zuvor an allem gemäkelt und viel genörgelt hatte, seine Vorstellungen von italienischer Baukunst erfüllt. „Viele Tausend Paläste, von Kuppeln und Türmen überstiegen, breiten sich unter mir aus“, schrieb er von seiner Position vom Monte Pincio, wo er sein Quartier aufgeschlagen hatte. „Die Ferne schließt St. Peter und der Vatikan, in flacher Linie zieht sich hinter ihm der Mons Janiculus, vom Pinienhain der Villa Pamfili gekrönt.“

Dabei hatte es auch am Ziel des Weges zunächst nicht gut begonnen. „Fieberkrank kam ich in Rom an, durchrann in den ersten drei Tagen mit größter Anstrengung alles Sehenswürdige, aber dann, abgespannt und ermattet, lag ich lange darnieder. Das Schöne und das Unangenehme, durch tausend neue Kleinigkeiten vermehrt, taumelte in meinem Geist durcheinander und versetzte mich in einen Zustand gänzlicher Untauglichkeit zu irgend etwas Vernünftigem.“ Ein Aufenthalt auf dem Gran Sasso im Apennin, wo er „im Schnee des Gebirges wieder einmal kräftige teu-tsche Luft atmete“, brachte ihm die nötige Erholung. Die beiden jungen Männer befassten sich jedoch nicht allein mit der Architektur in Rom, auch in das gesellschaftliche Leben stürzten sie sich. Dabei gelang es Schinkel, Kontakt zum preußischen Residenten beim Heiligen Stuhl, Wilhelm von Humboldt, aufzunehmen. Der lud ihn und Steinmeyer zu einem Essen in sein gastliches Haus: „Sie finden uns ganz allein. Wollten Sie uns ihre Zeichnungen mitbringen, würde es uns sehr freuen.“

Schinkel gefiel es immer besser in Rom, doch bald waren seine Finanzen aufgebraucht. Eine Bitte um Unterstützung an den damaligen Außenminister Christian von Haugwitz erfüllte der dem angehenden Architekten schnell und unbürokratisch. Erst im September 1804 machte sich Schinkel schweren Herzens auf den Weg zurück nach Preußen. „Ich kann die Stimmung nicht wehmütig nennen, es war Stumpfheit und Betäubung, die mich über die Ponte Molle führte und mit der ich endlich von der Höhe der Kuppel von St. Peter das letzte Lebewohl sagte.“

Die Bilder und Eindrücke, die Karl Friedrich Schinkel von seiner ersten Italienreise (Exkursionen sollten ihn noch zweimal in dieses Land führen) haben sein Werk entscheidend beeinflusst. Ohne sie wäre er kaum zum Schöpfer des preußischen Stils in der Architektur geworden.            Silke Osman

Die Ausstellung im Kupferstichkabinett, Alte Nationalgalerie, Bodestraße 1–3, ist vom 22. September bis 28. November dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr zu sehen. Eintritt 8/4 Euro.


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