19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
18.09.10 / Piemonts Brückenschlag nach Süden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-10 vom 18. September 2010

Piemonts Brückenschlag nach Süden

Trotz der Gemeinsamkeiten zwischen dem piemont-sardischen und italienischen Ministerpräsidenten Camillo Benso von Cavour sowie dem preußischen und deutschen Regierungschef Otto von Bismarck gibt es einige nennenswerte Unterschiede zwischen der italienischen und der deutschen Einigung. In Deutschland versuchten erst die Revolutionäre von 1848 die Einigung von unten, und nach deren Scheitern einigte Preußen mit dem Realpolitiker Bismarck das Land von oben. In Italien kämpften zeitgleich im Süden Freischärler unter Giuseppe Garibaldi von unten und im Norden Piemont-Sardinien – in gewisser Hinsicht das Preußen Italiens – mit dem Realpolitiker Cavour von oben für die Einheit der Nation. Dieses gemeinsame Ziel bedeutet nun aber nicht, dass Cavour und Garibaldi immer am selben Strang gezogen hätten.

Im Frühjahr 1860 war Garibaldi mit seinen Kämpfern auf Sizilien gelandet und schickte sich an, in erstaunlichem Siegeslauf das ganze unteritalienische Königreich beider Sizilien den dort herrschenden Bourbonen abzujagen. Am 8. September 1860 zog er in Neapel ein, bezeichnete sich als Diktator des Südens und war in der besten Laune, bis nach Rom weiterzumarschieren. Das wollte Cavour verhindern. Zum einen stand die damalige Hauptstadt des Kirchenstaates unter dem Schutze des Kaisers der Franzosen Napoleon III. und Frankreich war Piemont-Sardiniens wichtigster Verbündeter. Zum anderen strebte Garibaldi eine Lösung der italienischen Frage unter republikanischem Vorzeichen an. Das einzig sichere Mittel gegen Garibaldis Marsch nach Rom schien der Marsch der piemont-sardischen Armee quer durch den dazwischenliegenden Kirchenstaat nach Neapel.

Die Armee stand bereits bei Cattolica an der Adria. Die dahinter liegende Romagna, jahrhundertelang päpstliches Gebiet, war schon im März 1860 von Piemont-Sardinien annektiert worden. Napoleon III. hatte das hingenommen. Er schritt auch nicht ein, als Cavour erklärte, in den Marken und in Umbrien, zwei weiteren Provinzen des Kirchenstaates, seien national motivierte Unruhen gegen die päpstliche Herrschaft ausgebrochen. Mit der Begründung, die öffentliche Ordnung zu sichern, drang die piemont-sardische Armee am 11. September 1860 in den Marken und in Umbrien ein.

Am 18. September kam es bei Castelfidardo zur entscheidenden Schlacht zwischen den piemont-sardischen und den päpstlichen Truppen. Die Norditaliener konnten ihre zahlenmäßige Überlegenheit von vier zu eins ausspielen und trugen den Sieg davon. Nach wenigen Tagen ergab sich auch die nahegelegene päpstliche Festung Ancona. Nun stürmten die Piemontesen widerstandslos nach Süden, wo Garibaldi nichts anderes übrig blieb, als seine diktatorische Gewalt in die Hände des piemont-sardischen Königs Viktor Emanuel II. zu legen. Ein wichtiger Schritt zur Lösung der italienischen Frage unter monarchistischem Vorzeichen war getan.

Der Papst musste zugunsten Piemont-Sardiniens auf Umbrien und die Marken verzichten, behielt jedoch (zumindest vorerst) Latium mit seiner Hauptstadt Rom.      B.R./PAZ


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren