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18.09.10 / Sigismunds erster Anlauf / Vor 600 Jahren stellte sich der letzte Kaiser aus dem Hause Luxemburg den Kurfürsten zur Wahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-10 vom 18. September 2010

Sigismunds erster Anlauf
Vor 600 Jahren stellte sich der letzte Kaiser aus dem Hause Luxemburg den Kurfürsten zur Wahl

Er war einer der intelligentesten, die je die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches getragen haben: Sigismund von Luxemburg. Er beherrschte viele lebende Sprachen, hinreichend auch Latein und war ungeheuer redegewandt. Auf zweierlei verstand er sich jedoch nicht: Krieg zu führen und sein Geld zusammenzuhalten.

Und letzteres war nicht wenig. Immerhin war Sigismunds Vater Kaiser Karl IV., dessen zweiter Sohn er war. Seine Mutter war dessen vierte Ehefrau Elisabeth von Pommern, die Enkelin König Kasimirs von Polen, der dort „der Große“ heißt. Verheiratet war er in erster Ehe mit der Erbin von Ungarn, wo er 1387 zum König gekrönt wurde. Durch seines Vaters Testament erbte er die Mark Brandenburg und die dazugehörende Kurstimme.

Da die Luxemburger Dynastie dem Reich schon drei Herrscher geschenkt hatte, neben Karl IV. noch Heinrich VII. und Karls ersten Sohn Wenzel, war Sigismund ein Anwärter, als nach dem Tode Ruprechts I. 1410 wieder gewählt wurde. Nach Wenzel war der Wittelsbacher römischer König gewesen, doch hatte dieser so glücklos agiert, dass nunmehr die Luxemburger wieder gefragt waren.

Die Kurfürsten hatten Wenzel 1400 wegen Unfähigkeit abgesetzt. Nach Ruprechts Tod stellte sich die interessante Frage, ob nicht Wenzels Königtum wieder auflebte. Es war alles andere als klar, ob die Kurfürsten, die das Recht hatten, einen römischen König zu wählen, dann auch das Recht hatten, ihn wieder abzusetzen.

Ein zweiter Konkurrent aus dem eigenen Hause war Sigismunds Cousin Jobst (Jodok), der Markgraf von Mähren. Dem hatte Sigismund die Mark Brandenburg verpfänden müssen, um Geld zu bekommen für seine Kriege, die er als König von Ungarn gegen die rebellischen Magnaten des Landes, gegen die machtvoll anstürmenden Osmanen und gegen die Venezianer, die sich im damals ungarischen Dalmatien festsetzen wollten, führte.

Wenzel war mit Jobst einverstanden, wenn der ihm den Titel „Älterer Römischer König und künftiger Kaiser“ zugestand. Denn Wenzel war noch von keinem Papst gekrönt worden. Und dabei gab es von denen 1410 gleich drei.

Wer von den dreien der richtige war, darüber waren sich die Kurfürsten uneins. Der von der Pfalz und der von Trier standen zu Gregor XII., der Mainzer und der Kölner zu Johannes XXIII. Zu dem neigte auch Sigismund, aber nicht unbedingt, denn in einer derartigen Situation empfahl es sich für einen begabten Taktiker seines Schlages nicht, unwiderruflich Partei zu ergreifen.

Der Wahlakt im Frühherbst 1410 war über mehrere Tage verteilt und sein Ausgang war nach Reichsrecht nicht klar zu beurteilen. Am 20. September wählten Pfalz, Trier und Brandenburg Sigismund. Dieser hatte seinem Getreuen, dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg, aufgetragen, die Kurstimme Brandenburgs für ihn abzugeben. Der Mainzer, der Kölner und Vetter Jobst wandten dagegen ein, dass mit der Verpfändung der Mark auch deren Kurstimme an Jobst übergegangen sei. Daraus folgte, dass Jobst am 1. Oktober die für sich beanspruchte Kurstimme Brandenburgs für sich selber abgab, zusammen mit Mainz, Köln und Böhmen, wo Wenzel König war. Der Kurfürst von Sachsen zählte nicht mit, da er zu spät abgestimmt hatte.

In dieser Pattsituation kam es statt zu einem Bürgerkrieg zwischen den Lagern der drei Verwandten zu einem Kompromiss zwischen Wenzel und Sigismund, nachdem Jobst am 18. Januar 1411 unerwartet gestorben war. Sigismund gestand Wenzel zu, den Titel des römischen Königs zu behalten, ebenso die Reichsinsignien und die Hälfte der (recht bescheidenen) Einnahmen des Reiches, außerdem aus dem Erbe des Jobst Mähren und die Lausitz. Ferner versprach Sigismund seinem Halbbruder Hilfe, falls dieser nach Rom zur Kaiserkrönung ziehen würde. Dieses Versprechen konnte Sigismund leichten Herzens geben, wusste er doch, dass sein durch die Hussiten in Böhmen und eigene Trägheit geschwächter Halbbruder sich niemals auf den Weg nach Rom machen würde. Am 21. Juli 1411 wurde Sigismund einvernehmlich zum römischen König gewählt.

Einen Höhepunkt seiner Regentschaft bildete der Vorsitz auf dem Konzil von Konstanz (1414–18), Dort gelang es, das Abendländische Schisma zu beenden und damit die Einheit der lateinischen Kirche für nochmals etwa 100 Jahre wiederherzustellen. Das Konzil wählte am 11. November 1417 einen neuen Papst, der sich, nach dem Tagesheiligen, Martin V. nannte. Dieses Konzil war des Königs größter diplomatischer Triumph, der ihm am Ende auch die Kaiserkrönung einbrachte. Zu Pfingsten 1433 wurde er durch Eugen IV., Martins Nachfolger, gekrönt.

Sigismund starb im südmährischen Znaim am 9. Dezember 1437; mit ihm erlosch die Dynastie der Luxemburger. Begraben ist er in Großwardein (ungarisch: Nagyvárad, rumänisch: Oradea), sozusagen nicht als Kaiser, sondern als König von Ungarn. Bernd Rill


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