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18.09.10 / Lustig war das Studentenleben / Über Jahrhunderte brachten die Lehrenden und Lernenden der Albertina universitäres Leben in Ostpreußens Hauptstadt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-10 vom 18. September 2010

Lustig war das Studentenleben
Über Jahrhunderte brachten die Lehrenden und Lernenden der Albertina universitäres Leben in Ostpreußens Hauptstadt

Mit dem im Hildener WJK-Verlag erschienenen Band „Korporationsleben in Königsberg – Studenten an der Albertina 1544 bis 1945“ hat Hans-Georg Balder sich nun auch dem Burschenschaftswesen in Ostpreußens Hauptstadt angenommen. Auf insgesamt 395 Seiten deckt der Historiker die gesamte Existenz der Hochschule ab, von der Gründung durch Preußens ersten Herzog Albrecht im Jahre 1544 bis zum Untergang der Einrichtung im Zweiten Weltkrieg.

Mit den Studierenden und ihren Lehrern zog vor gut viereinhalb Jahrhunderten das universitäre Leben in die Stadt, die vorher vom Handel über die Ostsee geprägt war. Rauschende Feste, junge, ausgelassen feiernde Menschen, die bunten Farben der Studentenverbindungen, aber auch wissenschaftliches Arbeiten, Doktoren und Professoren sowie nicht zuletzt die Bauten der Albertus-Universität, der Handelshochschule und der Staatsbauschule stellen von nun an bis 1944 dem städtischen Leben in Ostpreußen eine neue Facette an die Seite. Mit dem Collegium Albertinum am neuen Pregel hinter dem Dom, der Sternwarte, dem Botanischen Garten und dem Zoologischen Museum entstanden Universitätsgebäude, die das Stadtbild vor allem zwischen Butterberg und Pregel prägten.

Freilich fand und findet man ähnliche Zweckbauten in vielen deutschen Universitätsstädten; was Königsberg aber einzigartig machte, war die Palaestra Albertina, eine Anstalt zur körperlichen Ausbildung der Studenten, die auch anderen Kreisen der Bevölkerung zugänglich sein sollte. Der Mediziner Friedrich Lange, der als Student in die Burschenschaft Gothia eingetreten war, stiftete das Gebäude anlässlich des 350. Jubiläums der Universität. 1878 war Lange nach New York ausgewandert und dort zu Vermögen gelangt. Der humanistische Gedanke, der das amerikanische Studentenwesen stark beeinflusst hatte, war die Grundlage seines Wunsches, auch in Königsberg dem altburschenschaftlichen Gemeingefühl und dem Turnwesen Raum zu geben. Neben einer Turnhalle und einem Schwimmbecken umfasste das 1898 eingeweihte Gebäude am Ende der 3. Fließstraße auch Räume für verschiedene studentische Gruppen. Dort fanden Corps, Burschenschaften und Turnerschaften eine Konstante. In der später eingerichteten Mensa hatte gar jede Verbindung einen eigenen Tisch. Viele Korporationen unterhielten darüber hinaus eigene Häuser in der Stadt.

Wie die Königsberger Universität selbst so blickt auch das Studentenverbindungswesen in Ostpreußen auf eine wechselvolle Geschichte zurück: Gründung, Wachstum und Niedergang von über 100 Korporationen sind belegt, stadtbildprägend waren aber sicherlich die Feste einzelner, mehrerer oder gar aller Verbindungen. Immer wieder berichten alte Königsberger von den beschaulichen Kahnpartien auf dem Schlossteich, auf dem viele Verbindungen ein Boot unterhielten. Die „Auffahrten“ in der offenen Kutsche waren bis zum zweiten Weltkrieg Höhepunkte des städtischen Lebens, die zu verschiedenen Festakten oder zum Kaisergeburtstag stattfanden: Im Zwei- oder Vierspänner ließen sich die studentischen Vorstände („Chargen“) der Verbindungen im vollen Wichs mit Fahne zur Universität fahren, wo bereits eine große Menge Schaulustiger wartete. Zu den Galtgarben-Festen hingegen ging es hinaus auf den höchsten Punkt des Alkgebirges im Samland. Dort, am zu Ehren der an den Feldzügen beteiligen Landwehr errichteten Landwehrkreuz, fanden ab 1818 patriotische Feste statt.

Ein jähes Ende fand das deutsche Verbindungsstudententum in Ostpreußen mit den britischen Luftangriffen, die Ende August 1944 vier Fünftel der Innenstadt verwüsteten. Vier Jahrhunderte lang hatte das Korporationsleben an der Albertina geblüht. Viele alte Königsberger Verbindungen versuchten nach dem Zweiten Weltkrieg an westdeutschen Hochschulen Fuß zu fassen und die Arbeit fortzusetzen. Der Erfolg war unterschiedlich und wäre ein Thema für sich.        Andreas Pieper


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