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25.09.10 / Mondlicht als Hoffnungsschimmer / Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald zeigt »Die Geburt der Romantik«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-10 vom 25. September 2010

Mondlicht als Hoffnungsschimmer
Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald zeigt »Die Geburt der Romantik«

Mit seiner Ausstellung „Die Geburt der Romantik“ zeigt das Pommersche Landesmuseum in Greifswald Spitzenwerke von Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge und August von Klinkowström. Es wird eine Künstlerfreundschaft beleuchtet, die eine neue Kunst hervorbrachte.

Dass die Romantik in der Umgebung von Greifswald das Licht der Welt erblickte, veranschaulicht das Pommersche Landesmuseum mit Einträgen aus drei Taufregistern. Caspar David Friedrich (1774–1840) wurde als Sohn eines Lichtgießers in Greifswald geboren. Der vor 200 Jahren gestorbene Philipp Otto Runge kam 1777 als Sohn eines Reeders in Wolgast zur Welt. Und Friedrich August von Klinkowström (1778–1835) wurde als Sohn eines Gutsbesitzers im zwischen Greifswald und Wolgast gelegenen Schloss Ludwigsburg geboren.

Die Schau in Greifswald ist die erste, welche die Freundschaft der drei Maler aus Pommern beleuchtet und ihr Schaffen zueinander in Beziehung setzt. Aufgeboten sind 30 Gemälde und 80 Grafiken der berühmten Romantiker Friedrich und Runge sowie von Klinkowström, dessen Schaffen der Öffentlichkeit bislang völlig unbekannt ist.

Nach seiner Verabschiedung vom Militär beschloss Klinkowström, sich der Kunst zu widmen. Mit Friedrich bezog er 1802 in Dresden eine Wohnung. Bald lernte er Runge kennen, mit dem ihn sodann eine lebenslange innige Freundschaft verband. Ein Kredit der Familie Runge ermöglichte Klinkowström ab 1808 einen Studienaufenthalt in Paris und Rom. Nachdem er sich jedoch 1811 in Wien vergebens um eine Anstellung an der Akademie bemüht hatte, gab er die Kunst als Brotberuf auf.

Stattdessen wurde er in Wien Leiter einer Lehranstalt für katholische Knaben. Für die entwarf er 1818 das ausgestellte „ABC-Büchlein“. Es hat zu jedem Buchstaben eine Illustration und einen Reim. Zum Buchstaben „G“ lautet der Vers: „Ein Gärtner gießt und gräbt und hofft auf Sonnenschein / Doch schafft die Sonne nichts, nur Gott allein.“

Wie Klinkowström sahen auch Friedrich und Runge die Aufgabe der Künste darin, im Menschen ein religiöses Gefühl zu wecken. Klinkowström verkündete: „Wir fühlen, dass der Mensch zwischen zwei Welten steht, von denen die obere schön, die untere vergänglich ist, und jene unsere eigentliche Heimat, diese aber eine Pilgerfahrt ist.“ Und in einem Gedicht von Friedrich heißt es: „Dunkelheit decket die Erde, Klarheit leuchtet von oben!“

Ein bevorzugtes Thema der drei Künstler war das Aufblühen, Wachsen und Vergehen in Menschenleben und Natur. Ausstellungskuratorin Birte Frenssen erläutert: „In ihren Tages- beziehungsweise Jahreszeitenzyklen verliert der Mensch nach der paradiesischen Unschuld des Morgens das Göttliche aus den Augen, um am Abend des Lebens erneut nach dem Unvergänglichen zu streben.“ In diesem Geiste schuf Klinkowström das Aquarell „Ossian zwischen Morgen und Abend“ (1807) und Runge die Kupferstiche (1807) „Morgen“, „Tag“, „Abend“ und „„Nacht“, in deren Mittelpunkt jeweils die göttliche Lilie steht. „Denk an deinen Tod“, so Birte Frenssen, lautet die Botschaft von Friedrichs Gemälde „Ruine Eldena im Riesengebirge“ (1830/34): Von der prächtig gelben Abenddämmerung wandert unser Blick hinab auf Erden. Dort entdecken wir in der Dunkelheit einen abgestorbenen Ast und eine Ruine als Sinnbilder der Vergänglichkeit.

Aber die Hoffnung auf Erlösung bleibt. Klinkowström feiert sie mit seinem Ölgemälde „Heilige Nacht“ (1806), einer großformatigen Kopie nach Correggio, in der das Jesuskind in den Armen der Mutter die Quelle des Lichts der Welt ist. In den Stürmen des Lebens bietet Jesus Halt, wie Runges Sepiablatt (1805/06) und Gemälde „Petrus auf dem Meer“ (1806) zeigen: Die Glaubenszweifel versinnbildlichende aufgewühlte See wird durch Christus im tröstenden Mondlicht geglättet. Daneben hängt Friedrichs Gemälde „Schiffswrack im Mondschein“. Im grauschwarzen Wolkengeschiebe ist nur ein Stück-chen vom hell leuchtenden Mond auszumachen. Doch schon das genügt, um auf dem Wasser einen kleinen „Hoffnungsschimmerreflex“, wie Birte Frenssen das nennt, zu erzeugen.

Die Schau endet mit einem grandiosen Ensemble von Bildern Caspar David Friedrichs. Zu ihnen gehören das verträumte „Greifswald im Mondschein“ (1817), die heiteren „Wiesen bei Greifswald“ (1821/22) und die knorrige „Eiche im Winter“ (1817), die aufrecht allen Widrigkeiten der Natur trotzt. In dem wenige Jahre vor seinem Lebens-ende mit Bleistift und Pinsel in Braun ausgeführten Blatt „Tollense-See in Neubrandenburg“ hat es der Fluss (des Lebens) nicht mehr weit bis zu seiner Mündung im See.

Das Schlusswort hat Birte Frenssen: „Klinkowström starb 1835 in Wien. Dreißig Jahre nach Runges Tod folgte, verarmt und vergessen, Friedrich in Dresden: Drei, die ohne großes Bordgepäck losgezogen waren, um – geleitet durch einen schlichten Herzensglauben – eine neue Kunst im Aufgang einer neuen Zeit zu schaffen.“  Veit-Mario Thiede

Die Ausstellung „Die Geburt der Romantik“ bis 21. November ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr im Pommerschen Landesmuseum, Rakower Straße 9, Greifswald zu sehen. Der Katalog kostet 24 Euro.

Foto: Caspar David Friedrich: Schiffswrack im Mondschein (Öl, ohne Jahresangabe)


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