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25.09.10 / Der Südwesten erinnert an die Staufer / Eine Reihe von Sonderausstellungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-10 vom 25. September 2010

Der Südwesten erinnert an die Staufer
Eine Reihe von Sonderausstellungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen

Die aus Schwaben stammenden Staufer waren im 12. und 13. Jahrhundert das glanzvollste Herrschergeschlecht Europas. Ihre Könige und Kaiser geboten über Gebiete von der Nordsee bis nach Sizilien. Zu Ehren der ruhmreichen Dynastie haben die Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen das „Stauferjahr 2010“ ausgerufen.

Den offiziellen Beginn des Stauferjahres markierte die Eröffnung der neuen Dauerausstellung in der Reichsburg Trifels bei Annweiler. Zur Stauferzeit wurden in ihr die Reichskleinodien aufbewahrt. Deren Kopien, bestehend aus Zepter, Reichsapfel, Reichsschwert, Kreuz und Krone, bilden das Herzstück der „Macht und Mythos“ betitelten Präsentation. Im Museum unterm Trifels startet am 19. September die Sonderausstellung „Von der Kunst mit Vögeln zu jagen – Das Falkenbuch Kaiser Friedrichs II.“. Das vom Kaiser höchstpersönlich verfasste Prunkwerk ist als Faksimile ausgestellt. Hinzu treten Geräte zur Falknerei, darunter Falkenhauben, deren Einführung in Europa Fried-rich II. zu verdanken ist.

Dessen Großvater väterlicherseits, Kaiser Friedrich I. Barbarossa, fühlte sich Kaiserslautern wegen des Baus der Kaiserpfalz besonders verpflichtet. Und so zeigt die Barbarossastadt seit dem 26. Juni im Theodor-Zink-Museum die Wechselausstellung „Barbarossa: Historie, Mythos, Marketing“. Im Mittelpunkt stehen bildliche und literarische Darstellungen, die Sagenfigur, etwa der im thüringischen Kyffhäuser bis zu seiner glanzvollen Wiederkehr schlummernde Kaiser, und dessen Vereinnahmung für politische Zwecke.

Barbarossas zweiter Sohn, Kaiser Heinrich VI., führt die prachtvollen bildlichen Darstellungen von Minnesängern und Dichtern im Codex Manesse an. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts geschaffen, enthält er die umfassendste Sammlung mittelhochdeutscher Lieddichtung von etwa 1150 bis zur Entstehungszeit der Handschrift. Ab dem 26. Oktober zeigt die Universitätsbibliothek Heidelberg ihren nur selten öffentlich ausgestellten wertvollsten Schatz. Die Sonderschau trägt den Titel „Der Codex Manesse und die Entdeckung der Liebe“. Im Blick-punkt der mit weiteren kostbaren Handschriften ausgestatteten Schau steht die Minne, die in verehrender Lyrik zum Ausdruck gebrachte Liebe eines Ritters zu einer ihm gesellschaftlich überlegenen Dame. Sabine Häußermann, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Universitätsbibliothek, erklärt, die in der Stauferzeit als literarisches und gesellschaftliches Thema entdeckte Macht der Minne „veränderte das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, aber auch das Selbstverständnis des Adels und die Umgangsformen innerhalb der höfischen Gesellschaft.“

Höhepunkt des Stauferjahres wird die von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen zur Landesausstellung gekürte Präsentation „Die Staufer und Italien“ sein, die ab dem 19. September in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen gezeigt wird. Deren wissenschaftliche Kuratorin Elisabeth Handle beantwortete die Frage, welches denn die bedeutendsten Errungenschaften der staufischen Herrschaft gewesen seien und inwieweit diese sich in den Schlüsselexponaten widerspiegelten, gegenüber der PAZ: „Die Ausstellung wird sich in einer ganzen Abteilung unter dem Titel ,Wandel der Welt‘ diesen Errungenschaften widmen. Es ist eine Zeit der neuen politischen Ordnung mit der beginnenden Territorialisierung und Entstehung von Fürstentümern im Reich nördlich der Alpen, die maßgeblich auf die Privilegierung der Fürsten durch Kaiser

Friedrich II. zurückzuführen ist.“ Dem fürstlichen Expansionsdrang habe das ausgeprägte Selbstverständnis Friedrichs II. gegenübergestanden, das sich am besten in seinen Herrschaftszeichen fassen ließe. Den Mantel aus Metz, der erst einer späteren Überlieferung zufolge zum Mantel Karls des Großen gemacht wurde, bekannt als Chape de Charlemagne, habe

Friedrich II. wahrscheinlich anlässlich seiner Kaiserkrönung 1220 in Rom getragen. „Er ist ganz außergewöhnlich mit Adlern mit Heiligenschein geschmückt. Ikonographisch lässt sich das wohl als Bildformel für das ,Heilige Römische Reich‘ auflösen“, so Handle. „Ein Terminus, den übrigens Friedrichs II. Großvater, Friedrich I. Barbarossa, in die Politik eingeführt hat. Die gesellschaftliche Entwicklung in den Städten führt zu einem neuen Frömmigkeitsideal und einer Armutsbewegung, deren bekannteste Vertreter Franz von Assisi und Elisabeth von Thüringen sind. Wir zeigen das Bußgewand der Heiligen Elisabeth.“ Neben den kostbaren Textilien dokumentierten zudem zahlreiche prachtvolle Handschriften das neue Wissen der Wissensgesellschaft, die vor allem am Hof Friedrichs II. erblüht sei. Den Aufbruch in eine neue Zeit zeige auch die herausragenden Skulpturen des Naumburger Meisters, die für den Westlettner im Mainzer Dom geschaffen worden seien. Hier würden die Ideen der gotischen Skulptur, eine neue Körperlichkeit und Ausdrucksweise, inspiriert von französischen Kathedralskulpturen, erstmals im Reich nördlich der Alpen fassbar.       V.-M. Thiede

Foto: Kaiser Friedrich Barbarossa zwischen seinen Söhnen: Aus der Welfenchronik


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