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25.09.10 / Vergessene Seemacht Preußen / Fregatte der kurfürstlichen Flotte hat jetzt im Ostpreußischen Landesmuseum festgemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-10 vom 25. September 2010

Vergessene Seemacht Preußen
Fregatte der kurfürstlichen Flotte hat jetzt im Ostpreußischen Landesmuseum festgemacht

Der Umbau der Dauerausstellung im Rahmen seiner großen Erweiterung hat im Ostpreußischen Landesmuseum noch nicht begonnen. Doch wichtige Lücken für die neue Dauerausstellung werden sukzessiv geschlossen. Neben der wichtigen Skulptur „Königin Luise und Napoleon in Tilsit 1807“ des Bildhauers Gustav Eberlein konnte jetzt ein Modell der wichtigsten Fregatte der kurfürstlichen Flotte Friedrich Wilhelms („Große Kurfürst“) für das Museum gewonnen werden, die für ein wichtiges, wenn auch heute wenig bekanntes Kapitel (ost-)preußischer Geschichte steht. Georg Mausolf, aus Johannisburg in Ostpreußen, gebürtiger Maschinenbaulehrer, hat in etwa 1560 Stunden das Modell der Fregatte im Maßstab 1:38, etwa 150 Zentimeter lang und 120 Zentimeter hoch, erbaut. Jede Einzelheit des filigranen Kunstwerks hat er in Handarbeit angefertigt. Seit Beginn des 17. Jahrhunderts herrschten die brandenburgischen Kurfürsten auch über das Herzogtum Preußen, aus dem später die Provinz Ostpreußen hervorgehen sollte. Die Landmacht Brandenburg erlangte so Seezugang.

Angesichts der schwedischen Dominanz im Ostseeraum und der Seemächte Spanien, England und den Niederlanden mit ihren ungeheuren Gewinnspannen im Überseehandel verwundert es nicht, dass auch Brandenburg-Preußen eine Flotte, die „Kurbrandenburgische Marine“, anstrebte. In der Regierungszeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. (1640–1688) gründete man im heutigen Ghana die Kolonie „Groß Friedrichsburg“ ebenso wie nach holländischem Vorbild eine Handelsgesellschaft, die Brandenburg-Afrikanische Compagnie mit Sitz im ostpreußischen Pillau. Man versuchte sich wie die Niederländer und Engländer im sogenannten „atlantischen Dreieckshandel“, bei dem man Waffen und einfachen Schmuck von Europa nach Afrika lieferte, dort Sklaven für die Karibik („Westindien“) aufkaufte, um dort Rum und Zucker für Europa zu laden.

Schmuckstück und Flaggschiff der dafür benötigten Flottille war der Zweidecker „Friedrich Wilhelm“ mit bis zu 250 Mann Besatzung beziehunsgweise bis zu 60 Kanonen, der aufgrund seines Heckschmucks den Beinamen „zu Pferde“ erhielt. Stapellauf der Fregatte war 1681 in Pillau. Nach erfolgreichem Verkauf hunderter westafrikanischer Sklaven in der Karibik geriet das Schiff am 31. Oktober 1693 in ein Seegefecht mit mehreren französischen Schiffen nahe Gibraltar, geriet in Brand und versank.

Der Seemacht Preußen war tatsächlich keine große Zukunft beschieden. Schon der Sohn des Großen Kurfürsten, König Fried-rich I., löste die Flotte und die unrentable Handelskompanie auf. Mit dem „Soldatenkönig“ Friedrich-Wilhelm I. endete dieser Teil der preußischen Geschichte endgültig: Der Kolonialbesitz wurde 1717 an die Niederlande verkauft. Der junge König setzte bekanntlich ganz auf die preußische Infanterie.

Der bedeutende Neuzugang befindet sich in der Historischen Abteilung des Ostpreußischen Landesmuseums im zweiten Obergeschoss und kann ab sofort bewundert werden. (Das Museum ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet 4/3 Euro.) OL

Foto: Zweidecker „Friedrich Wilhelm“ im Modell Bild: OL


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