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02.10.10 / Die Seidenstraße als Heroinstraße / Trotz Scharia und drakonischer Strafen: Der Iran ist eine Drehscheibe für den weltweiten Opium-Handel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Die Seidenstraße als Heroinstraße
Trotz Scharia und drakonischer Strafen: Der Iran ist eine Drehscheibe für den weltweiten Opium-Handel

Von den 74 Millionen Iranern gelten rund 3,7 Millionen als drogenabhängig. Zusammen konsumieren sie mehr als vier Tonnen Rohopium pro Tag – für eine islamische Republik mit ihrem totalen Verbot jeglicher Rauschmittel ist das ein beschämender und alarmierender Tatbestand. Da etwa 800000 Perser an der Nadel hängen, ist auch die Aidsrate im Land der schiitischen Ayatollahs erschreckend hoch.

Das Gesundheitsministerium des Landes schätzt sogar, dass rund 20 Prozent der Iraner quer durch alle sozialen Schichten schon einmal mit Drogen in Berührung gekommen sind. Es handelt sich demnach zu über 90 Prozent um Männer, ihr Durchschnittsalter liegt bei 33 Jahren. Allerdings dürfte die Dunkelziffer bei Frauen und Jugendlichen sehr hoch sein.

Zudem fungiert der Iran als Transitbasis für den Drogenschmuggel von Opium, Heroin und Cannabis aus Afghanistan und Pakistan nach Europa und Russland, dem neuen „Goldenen Dreieck“ des internationalen Geschäfts mit dem weißen Saft des Schlafmohns, der im Iran meist als Opium geraucht oder geschluckt wird und später auf dem Weg über die Türkei und den Balkan nach Zentraleuropa zu Heroin verarbeitet wird. Die ehemalige Seidenstraße zwischen Afghanistan und dem alten Persien, so die Vereinten Nationen, sei zu einer Heroinstraße verkommen.

Jährlich werden an der langen, gebirgigen Grenze zu Afghanistan Hunderte Tonnen des Suchtstoffes beschlagnahmt und Tausende von Dealern festgenommen. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn nach Schätzungen internationaler Drogenfahnder werden maximal 20 Prozent der tatsächlich ins Land geschmuggelten Drogen aufgespürt.

Nach Angaben der iranischen Sicherheitskräfte gelangen so etwa 30 Prozent der in Afghanistan produzierten Drogen in den Iran, die Hälfte davon bleibt im Staat der Ayatollahs, die andere Hälfte wird nach Europa geschleust. Andere Schätzungen sprechen von bis zu 60 Prozent. Immerhin – so Victor Iwanow, Chef der russischen Drogenbehörde – gelingt es den Behörden des Landes, etwa 40 Prozent der für Europa bestimmten Drogen zu beschlagnahmen. Ein anderer Teil findet seinen Weg nach Russland.

Der Staat versucht mit zum Teil drakonischen Maßnahmen, das Problem in den Griff zu bekommen. Zwischen 1998 und 2002 beispielsweise kamen bei rund 6000 bewaffneten Auseinandersetzungen mit Schmugglern fast 700 Polizisten und Soldaten ums Leben. In den Gefängnissen des Landes, in denen der Drogenkonsum grassiert, sitzen rund 200000 Menschen, mehr als die Hälfte wegen Rauschmittel-Delikten. Die Grenzschutzanlagen werden laufend verstärkt und dennoch versiegt der Strom der Opiumtransporteure kaum. Von den 388 Hinrichtungen im Jahr 2009 entfällt ein beachtliches Kontingent auf Drogenhändler und -kuriere.

Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es gemessen an der Bevölkerungszahl so viele Drogenabhängige, auch wenn Präsident Mahmud Ahmadinedschad 2005 sinkende Zahlen verkündete. Die Todesrate durch Drogenmissbrauch steigerte sich von 2004 zu 2005 immerhin je nach Jahreszeit um zwischen 15 und 40 Prozent. Zum einen ist der exzessive Konsum eine Spätfolge des Krieges zwischen Irak und Iran, in dem der Schmerzbehandlung mit Opiaten oft die Sucht folgte, zum anderen entsteht er aus dem strengen Regiment der Traditionalisten, das Jugendlichen fast alle Formen von Vergnügungen verbietet und sogar zur Schließung harmloser Billard-Cafés geführt hat. Dafür ist zu niedrigen Preisen an jeder Straßenecke im sogenannten „Ameisenhandel“ Teherans Opium, Crack, Crystal und Heroin zu bekommen. Sogar Kokain ist in Mode gekommen.

Inzwischen haben die Behörden erkannt, dass eine rein repressive Drogenpolitik nicht ausreicht. Es wurden Methadonprogramme gestartet und spezielle Suchtkliniken eingerichtet, frische Nadeln und sogar Kondome ausgegeben. Aber trotz aller internationalen Anstrengungen, der Mohnanbau in Afghanistan hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Die mächtigen Drogenkartelle schlugen nach der Hinrichtung des Drogenbosses Abdulmalik Rigi der Rebellengruppe Dschundallah mit blutigen Anschlägen auf Moscheen zurück. Der Terror greift somit auch nach Teheran.            J. Feyerabend


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