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02.10.10 / Bis heute politisch nicht korrekt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Bis heute politisch nicht korrekt
von Volker Seitz

Mit der Rede vor der Generalversammlung der UN kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Politikwechsel an, der von Kritikern der Entwicklungshilfe (www.bonner-aufruf.eu) seit langem gefordert wurde. US-Präsident Barack Obama hat es im Juli 2009 in Ghana vorgemacht, jetzt fordert auch Frau Merkel „gute Regierungsführung und Achtung der Menschenrechte“. Sie hat erkannt, dass „eine nachhaltige Entwick-lung sowie wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt“ anders nicht zu erreichen sind. Das auszusprechen war bis heute politisch nicht korrekt. Es wurden gegenüber korrupten und menschenverachtenden Regimen immer noch zu viele Augen zugedrückt. Mangel an Rechtstaatlichkeit wurden bagatellisiert. Es wurde auch offiziell nie gesagt, dass bei der Verabschiedung der Milleniumsziele im September 2000 weder gute Regierungsführung noch die Achtung der Menschenrechte als Ziele nicht durchgesetzt werden konnten. Deshalb war für alle Experten absehbar, dass die Ziele bis 2015 weitgehend verfehlt werden.

Die Bundeskanzlerin fordert in ihrer Rede auch „mehr Ergebnisorientierung“ und eine „ergebnisbasierte Finanzierung“. Die Norweger probieren bereits das neue Konzept „Cash in Delivery“ (Vergütung für erzielte Wirkung) in Tansania aus. Das Center for Global Development in Washington hat dieses Konzept entwickelt nachdem Entwicklung gekauft wird. Die alleinige Verantwortung zum Beispiel für den Bau einer Schule, eines Krankenhauses oder einer Universität liegt bei dem Entwicklungsland. Es gibt eine konkrete Ergebnisvereinbarung zwischen Geber und Nehmer. Sobald der Nehmerstaat Ergebnisse nachweist, die von unabhängigen Prüfern abgenommen wurden, wird die zugesagte Summe bezahlt. Deutschland wird dieses Konzept übernehmen. Das bedeutet allerdings, dass Tausende von Berufsentwicklungshelfern nicht mehr benötigt werden.

Kritiker sagen, dass die Bundeskanzlerin mit der Rede davon ablenken will, dass Deutschland nicht den zugesagten Anteil von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Entwicklungshilfe erreicht. Die Steigerung der Entwicklungshilfeausgaben auf 0,7 Prozent ist aber eine magische Zahl für erfolgreiche Entwicklungspolitik. Aber die Qualität der Hilfe an der Höhe der ausgegebenen Mittel zu messen ist Unsinn. Die von nationalen und internationalen Geberorganisationen geprisenen Erfolge sah ich vor Ort selten bestätigt. In der Regel überlebt nur eines von fünf Projekten nach Ende der Hilfe. Der schwedische Entwicklungshilfeforscher Frederik Erixon hat festgestellt, dass ausländische Hilfszahlungen in Kenia und Tansania keinen positiven Einfluss auf das Wirtschaftswachstum hatten.

Volker Seitz, *1943, war von 1965 bis 2008 unter anderem als deutscher Botschafter in Benin und Kamerun. Er ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann“.


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