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02.10.10 / Absurdes aus Prag / Ein Bericht in der »NZZ«: Unfreiwillig wahrer als beabsichtigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Absurdes aus Prag
Ein Bericht in der »NZZ«: Unfreiwillig wahrer als beabsichtigt

Mindestens seit dem 10., vermutlich aber bereits seit dem 9. Jahrhundert leben in Prag neben Tschechen auch Deutsche und Juden. Über die Jahrhunderte hinweg haben diese drei Gruppen Prag zu dem gemacht, was es bis 1939 war. Danach hat die NS-Herrschaft zunächst den jüdischen, anschließend 1945 die Vertreibung den deutschen Bevölkerungsanteil gewaltsam ausgelöscht. Prag, ein uraltes Zentrum Mitteleuropas, wurde versklavt und – zumal nach dem Prager Frühling von 1968 – kulturell öde.

Die Revolution vom November 1989 hat der Stadt die Freiheit wiedergegeben und auch eine neue Internationalität – zu Zehntausenden Geschäftsleuten und Investoren kamen Touristenströme, die in die Millionen gehen. Doch das alte Prag war untergegangen, obwohl die Stadt weder im Zweiten Weltkrieg noch durch  Bausünden der sozialistischen Zeit ihr architektonisches Gesicht verloren hatte. Im Gegenteil, die „goldene Stadt“ blieb eine der schönsten in ganz Europa.

Ein langer Bericht in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom Montag dieser Woche aus der Feder von Alena Wagnerová deutet überdeutlich etwas an, was dennoch ungesagt bleibt. Nur an einer Stelle wird erwähnt, dass einem Sanierungsplan des Jahres 1885 „das ehemalige Ghetto zum Opfer“ gefallen sei – damals natürlich nur rein baulich. Sonst wird die verschwundene jüdische Gemeinschaft so wenig erwähnt wie die deutsche, obwohl diese beiden die Altstadt und die Kleinseite prägten, die bis ins 20. Jahrhundert hinein deutschsprachig blieben.

Fast kafkaesk lautet der – offenbar ungewollt zutiefst wahre – Untertitel des Artikels: „Die Einheimischen haben das historische Stadtzentrum geräumt – was bleibt ist Kulisse“. Gemeint sind tatsächlich nicht Deutsche oder Juden, sondern die vor allem seit 1945 in deren verlassenen Wohnungen nachgezogenen Tschechen, die nun von Geschäftemachern aus aller Welt wieder verdrängt werden. Weitere Zitate: „Die Stadt erzählt nichts mehr, sie wurde stumm. ,Prag hat man das Herz herausgerissen‘, formuliert es drastisch der Ulmer Dichter Walter Gröner.“ – „Die Liste der Sünden wieder den Geist der Stadt ist lang.“ – Und der Schlusssatz: „Denn ohne die Menschen sind auch die Denkmäler tot.“        K.B.


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