26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
09.10.10 / Im Dienste der Forschung durch Sibirien / Bei der Erforschung Sibiriens spielten Deutsche eine Schlüsselrolle – Große Expeditionen von 1720 bis 1743

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-10 vom 09. Oktober 2010

Im Dienste der Forschung durch Sibirien
Bei der Erforschung Sibiriens spielten Deutsche eine Schlüsselrolle – Große Expeditionen von 1720 bis 1743

Im 18. Jahrhundert sandte die Petersburger Akademie der Wissenschaften mehrere große Expeditionen nach Sibirien. Die drei wichtigsten von ihnen waren jene von Daniel Gottlieb Messerschmidt von 1720 bis 1727 sowie die erste und die zweite Kam­tschatka-Expedition von 1725 bis 1732 und 1733 bis 1743.

Der 1685 in Danzig geborene Messerschmidt war im April 1718 auf Einladung des Zaren Peter der Große nach St. Petersburg gekommen, um dort eine biologische Sammlung aufzubauen und um die Naturreichtümer des Zarenreiches zu erforschen. Der junge, der Wissenschaft leidenschaftlich ergebene Mann regte Zar Peter an, Sibirien zu erforschen. Im Anschluss an ein etwa einstündiges Gespräch mit Peter I. am 5. November 1718 erließ der Autokrat eine Weisung („Ukas“) betreffend die Aussendung des Doktors Messerschmidt nach Sibirien. Nach dem mit ihm geschlossenen Vertrag war Messerschmidt verpflichtet, nach Sibirien zu reisen, um dessen Geographie aufzunehmen, und zwar in folgendem Umfang: Naturgeschichte, Medizin, Heilgewächse, ansteckende Krankheiten, Denkmäler, Altertümer, Ethnographie und überhaupt alles Auffällige. Später erteilte die Medizinische Kanzlei, der Messerschmidt unterstand, noch den Auftrag, die Mineralien und die Tierwelt zu beschreiben, Handschriften zu sammeln, archäologische Denkmäler zu erkunden, sowie die Sprachen Sibiriens zu erforschen.

Messerschmidt erkundete Westsibirien im Becken der Flüsse Ob und Irtysch. Er beschrieb die einheimischen Völkerschaften sowie die russischen Dörfer und Städte. Von 1720 bis 1723 arbeitete er im Bereich des großen Stromes Jenissei, an dessen Ufer die Stadt Krasnojarsk, damals eher ein Dorf, lag. Messerschmidt war der erste, der Längen- und Breitengrad dieser wichtigen russischen Siedlung bestimmte. Nach acht Jahren kam Messerschmidt nach St. Petersburg zurück. Seine Reise fällt völlig aus dem Rahmen, sowohl hinsichtlich der ihm gestellten Aufgaben als auch hinsichtlich der Masse des von ihm eingebrachten Materials. Er konnte aber seine Ergebnisse nicht aufarbeiten. Es gab Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten. Von der Reise war er krank und nervös zurückgekommen. Dank wurde ihm nicht gespendet. Er ging zunächst nach Danzig zurück, verlor aber durch ein Schiffsunglück sein Vermögen. Später kam er erneut nach St. Petersburg, wo es ihm aber nicht gelang, eine passende Anstellung zu finden. Er starb 1735 in Armut in St. Petersburg. Der persönlichen Tragödie folgte eine wissenschaftliche: Ein großer Teil seines Materials ging 1747 bei einem Brand in der Akademie der Wissenschaften verloren.

Der Aufgabenbereich der ersten der beiden Kamtschatka-Expeditionen beschränkte sich auf das Küstengebiet des Stillen Ozeans, einschließlich der Küste Alas­kas, das bis 1867 zu Russland gehörte. Deutsche Teilnehmer waren Peter Simon Pallas aus Berlin und Georg Steller aus Franken.

Die zweite Kamtschatka-Expedition, die sogenannte Große Nordexpedition fand in einem erheblich größeren Maßstab statt. Die vier Abteilungen dieser Expedition wurden von Russen und Deutschen in russischen Diensten geleitet. Zur wissenschaftlichen Abteilung dieser Expedition gehörten als Deutsche die Professoren Gmelin, Müller, Lindenau, Fischer und Steller. Die Leistungen dieser Abteilungen während der zweiten Kamtschatka-Expedition übersteigen die Grenzen dessen, was physisch möglich erscheint. Georg Steller wurde vom Expeditionsleiter Vits Bering nur für sechs Stunden erlaubt, auf der Insel Kaljak zu weilen. In dieser Zeit gelang es Steller, 500 Pflanzenarten zu erfassen; heutige Forscher finden auf Kaljak nur noch 350. Außerdem schaffte Steller es noch, einen Bären zu erlegen und zu präparieren, in einem Dorf der Indianer (indeizew) eine große Sammlung von Holz- und Ledergerätschaften zusammenzustellen, die noch heute in der sogenannten „Kunstkamer“ aufbewahrt werden.           Menno Aden


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren