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16.10.10 / Zwischen den Konfessionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Zwischen den Konfessionen

Als Organisation entstand die heute weltweite Anglikanische Gemeinschaft im Jahre 1534 mit der Church of England in einem eher politischen Akt des englischen Königs Heinrich VIII. Doch anglikanische Theologen würden immer eine bald 2000-jährige Tradition für sich in Anspruch nehmen – bis zurück zum Pfingstereignis im Jahr der Kreuzigung Jesu Christi.

Theologisch gehört die anglikanische Kirche zum Protestantismus, beispielsweise kennt sie wie die ganze reformatorische Christenheit nur die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl.

Und doch steht der Anglikanismus in vielen Punkten zwischen Katholizismus und Protestantismus. Beispielweise stehen die anglikanischen Bischöfe in der sogenannten „apostolischen Tradition“, die seit den Anfängen der Kirche durch Handauflegen und Weihe bei der Amtseinführung weitergegeben wird. Jedoch wird dieser Akt von den Anglikanern nicht als Sakrament bewertet und von Rom nicht als gültig anerkannt. Weitere Berührungspunkte mit Rom und der Orthodoxie sind die traditionelle Hochschätzung von Eucharistie und Liturgie und das Interesse an der Theologie der Kirchenväter.

Das sind gute Grundlagen für den Dialog insbesondere mit den orthodoxen Kirchen. Allerdings haben die Anglikaner im Jahre 1994 die Priesterweihe für Frauen eingeführt und ihnen im Jahre 2008 den (vorerst theoretischen) Zugang zum Bischofsamt eröffnet. Teile des Anglikanismus akzeptieren zudem die Ordination bekennender Homosexueller zu Bischöfen. Dies hat die Gemeinschaft in eine Zerreißprobe geführt und den theologischen Dialog mit Katholiken und vor allem Orthodoxen massiv zurückgeworfen. Die einstige Vorreiterrolle im Ökumenismus ging dadurch verloren.    K.B.

 

Zeitzeugen

Elizabeth II. – Die Königin von England ist bis heute das weltliche Oberhaupt der Anglikaner, deren geistlicher Leiter der Erzbischof von Canterbury ist. Zugleich ist sie auch „Defender of the Faith“, Beschützerin des Glaubens. Ihr Sohn Charles verkündete bereits, dass wenn er Königs wird, er diese Verteidigerfunktion nicht nur auf einen Glauben beschränken möchte.

Tony Blair – Der Premier der Jahre 1997 bis 2007 ist der wohl bekannteste Konvertit vom Anglikanismus zum Katholizismus. Blair konvertierte kurz nach dem Ausscheiden aus dem Amt. Erst seit 1829 sind Katholiken in England bürgerlich gleichberechtigt, seit 1850 gibt es wieder organisatorische Strukturen. Heute gibt es 4,7 Millionen britische Katholiken.

George Kennedy Allen Bell – Der anglikanische Bischof war ein enger Freund Dietrich Bonhoeffers und Pionier der ökumenischen Bewegung. Bei Winston Churchill fiel er in Ungnade, weil er ab 1941 wiederholt die Flächenbombardements deutscher Städte kritisierte, auch in einer Rede im Oberhaus. Historiker gehen davon aus, dass George Bell deswegen 1944 nicht Erzbischof von Canterbury wurde. 1945 und danach kritisierte er heftig die Vertreibung der Deutschen.

Gene Robinson – Der 1947 Geborene wurde 2003 zum anglikanischen („episkopalen“) Bischof von New Hamshire (USA) geweiht, obwohl er geschieden war und in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebte. Über seine Bestellung kam es fast zum Bruch der Anglikanischen Gemeinschaft. In einem Interview mit der „Times“ erklärte Robinson sinngemäß, dass die Kirche ohne homosexuelle Priester verloren wäre.

John Henry Newman – Der 1801 geborene Theologe rang lange mit sich vor seiner Konversion zum Katholizismus. Vor allem die Heiligenverehrung war für ihn ein Problem. Scharfsichtig erkannte Newman im Liberalismus die große Herausforderung für die Kirche der Neuzeit, bekannt ist sein Ausspruch, der Kommunismus wolle die kirchlichen Einrichtungen schließen, der Liberalismus wolle sie leeren. Ein erneuertes Christentum, das die Herausforderung des Liberalismus gemeistert hätte, war für ihn „die Religion der Zukunft“.


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