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16.10.10 / Bitterer Tee aus Peking / Vor dem »Währungskrieg«: China reagiert kaum auf US-Drohungen − Europa wartet ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Bitterer Tee aus Peking
Vor dem »Währungskrieg«: China reagiert kaum auf US-Drohungen − Europa wartet ab

In letzter Zeit geistert oft der Begriff Währungskrieg durch die Medien. Vor allem China und die USA versuchen, den Außenwert ihrer Währungen zu drücken, um Exporte und Konjunktur anzukurbeln. Experten halten das für die Vorboten eines großen Konflikts, aber noch ist kein Land bereit nachzugeben.

Da hatte Washington die Muskeln spielen lassen und damit gedroht, falls China nicht den Yuan aufwerte, Strafzölle auf chinesische Waren einzuführen, doch Peking schien unbeein- druckt. Noch beim Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) am vergangenen Sonntag zeigten die Chinesen kein Entgegenkommen. Zwar orakelte der chinesische Notenbankchef Zhou Xiaochuan, sein Land wolle das Problem allenfalls mit einem „Kräutertee“, aber nicht mit einer „Tablette über Nacht“ als Schocktherapie mit unübersehbaren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Inflation kurieren.

Doch seine bildhafte Sprache löste bei seinen internationalen Kongressteilnehmern kein Entzücken aus. Sie forderten wenig diplomatisch konkrete Zusagen für eine kräftige Aufwertung. Schon am Tag nach dem Treffen genehmigte sich Peking einen Tropfen jenes Kräutertees und wertete seine Währung zum dritten Mail innerhalb der letzten Monate gegenüber dem US-Dollar um ein paar Promille auf. Immerhin erreichte der Yuan damit den höchsten Wert gegenüber dem Dollar seit fünf Jahren. Washington reagierte höflich erfreut, obwohl der Yuan laut Experten zwischen 30 und 50 Prozent unterbewertet ist.

Auch in Europa wurde die Währungsaufwertung mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, auch wenn die Euro-Länder vorerst noch keinen Nutzen davon haben: Der Sinkflug des Dollars lässt auch den Yuan relativ zum Euro absacken. Das macht chinesische Exporte nach Europa noch billiger und profitabler. Für Peking ist das attraktiv, denn der US-Markt läuft aufgrund der Wirtschaftskrise dort derzeit nicht bestens. In Europa hingegen sorgt vor allem Deutschland für Wirtschaftswachstum, so dass der europäische Markt im Moment im Vergleich zum US-Markt für die Chinesen interessanter ist. Derzeit jedoch tragen die Europäer dies mit Fassung. Zudem müsste die Europäische Zentralbank (EZB) auch zuerst die USA kritisieren, die mit ihrer expansiven Schuldenpolitik den Verfall des Dollars verursachen, wodurch der Euro künstlich von außen aufgewertet wird.

Wobei Experten immer öfter skeptisch sind, inwieweit nicht auch Peking wegen seiner gigantischen Währungsreserven die Wechselkurse in seinem Sinne  beeinflusst. Erst vor kurzem ächzte Japan unter der Nachfrage chinesischer Banken nach japanischen Staatsanleihen. Dieses neue Interesse des Erzfeindes war keineswegs im Sinne Tokios, denn es machte die heimische Währung teurer und verteuerte somit die Exporte des wirtschaftlich sowieso schon angeschlagenen Landes. Diese Nebenwirkung dürfte Peking, das aus Gründen der Sicherheit und der Vielfalt immer weniger in US-Staatsanleihen investiert, gelegen gekommen sein und war sozusagen ein Trost dafür, dass die japanischen Staatsanleihen deutlich schlechter verzinst sind als die amerikanischen. Als Reaktion auf die indirekte Attacke auf den Yen sah sich die japanische Notenbank gezwungen, ihre Währung abzuwerten − was wieder zu Lasten des Euro ging.

Derzeit kauft China europäische Staatsanleihen auf. Vor allem griechische Papiere werden nachgefragt. Diese sind derzeit günstig zu haben und werden gut verzinst. Und außerdem zeigt Peking somit den Europäern seine Solidarität, ärgert gleichzeitig die den Euro attackierenden Amerikaner und wertet nebenbei noch die europäische Gemeinschaftswährung auf, was wiederum die chinesischen Exporte verbilligt.

Doch die europäischen Regierungs- und Notenbankchefs sehen sich noch nicht Handeln genötigt. Immerhin hatte sich Berlin beim IWF-Jahrestreffen dagegen gewehrt, dass die USA seit einiger Zeit Deutschland und China für ihre anhaltende wirtschaftliche Misere verantwortlich machen. Zusammen mit dem Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, hatte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert die US-Geldpolitik angegriffen. Jean-Claude Trichet, Präsident der EZB, sieht die US-Drohungen gegenüber China, die Europa belastende Geldpolitik der US-Notenbank Fed sowie die chinesischen, japanischen, indischen und brasilianischen Währungsmanipulationen der letzten Wochen hingegen gelassen. „Übertriebene Volatilität und ungeordnete Bewegungen der Wechselkurse wirken sich negativ auf die Wirtschaft und die Finanzstabilität aus“, gab Trichet nur zu bedenken. Während sein chinesischer Kollege wenigstens sein Aussitzen des Währungsstreits in einer bildhaften Sprache verpackt und sein US-Kollegen Ben Bernanke weniger redet, aber dafür eiskalt im Interesse der US-Regierung US-Staatsanleihen aufkauft und so indirekt für Wa-shington Geld druckt, fachsimpelt Trichet.

Der US-Ökonom Raghuram Rajan warnt im „Spiegel“ vor den Methoden Chinas und der USA, wirtschaftliche Probleme zu lösen, gleichermaßen. Weder die lockere US-Geldpolitik noch Pekings Eingriffe in die Währung seien die richtigen Instrumente. Beide würden zu Verzerrungen führen, ein Übermaß an Liquidität schaffen und neue Vermögensblasen entstehen lassen. „Wenn Kapital zu billig ist, wird zu viel davon eingesetzt. Wenn der Wechselkurs zu niedrig ist, werden zu viele Exportgüter hergestellt. Und wenn dann die Stimmung kippt, könnte dies zu hässlichem Protektionismus führen“, so der ehemalige Chefökonom des IWF, der bereits vor fünf Jahren vor einer weltweiten Finanzkrise warnte.

Allerdings gibt sich Rajan dieses Mal optimistisch, zumindest was China betrifft. „Dass China die Währung unterbewertet, schadet letztlich der Entwicklung des eigenen Landes.“ Die Unterbewertung stelle eine Art Subvention für den Exportsektor dar, die dieser gar nicht in dem Maße benötige. Viel dringender sei es für das Land, den Binnenkonsum anzukurbeln, um so den wachsenden Wohlstand besser zu verteilen.             Rebecca Bellano


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