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16.10.10 / Maschine ersetzt Mensch / Die ersten Hotels arbeiten völlig ohne Personal – Die Weltfinanzkrise gab den letzten Anstoß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Maschine ersetzt Mensch
Die ersten Hotels arbeiten völlig ohne Personal – Die Weltfinanzkrise gab den letzten Anstoß

Einsparungen bei Personalkosten stehen ganz oben auf der Unternehmens-Agenda. Dass es gerade im Dienstleistungsbereich, diesem vielbeschworenen Wirtschaftszweig zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, sogar ganz ohne Personal geht, macht die Hotelbranche vor.

Meist handelt es sich mehr oder weniger noch um Pilotprojekte, doch zukunftsweisend sind sie allemal. Der Vorteil für den Gast: Wer auf Service verzichtet, muss auch weniger bezahlen.

Vor über fünf Jahren starteten die „Orange Wings“-Hotels in Krems, Niederösterreich, ein Pilotprojekt, bei dem ein „Hotelomat“ außerhalb der Rezeptionszeiten den Portier ersetzt. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, wann man den nächsten Schritt macht und ganz auf Personal verzichtet. Schließlich lernt der moderne Mensch fast täglich, sich mehr und mehr selbst zu bedienen. Er verwaltet sein Bankkonto online, bucht seine Reise, seinen Flug, seinen Mietwagen per Computer, kauft online ein und bezahlt per Kreditkarte. Und wenn auf dem Flughafen am Automaten eingecheckt wird, warum nicht im Hotel? Um die moderne Technik wird wohl kaum einer mehr herumkommen.

Einen besonderen Anstoß gab die Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2009 starke Auswirkungen auf die deutsche Hotellerie hatte. Da Budget- und Mittelklassehotels davon weitaus weniger betroffen waren als Luxushotels, war die Richtung klar. Auch hochwertige Ausstattung musste preiswerter werden, zumindest für bestimmte Zielgruppen, wie etwa die modernen, anspruchsvollen, qualitäts- wie auch preisbewussten Städte- und Geschäftsreisenden.

„Wenn ich selbst reise, ist mir die Zimmerausstattung und der Preis wichtig – weniger, ob mir jemand die Tür aufhält oder meine kleine Tasche aufs Zimmer trägt“, so Gregor Gerlach. „Reisende von heute brauchen kein eigenes Restaurant im Hotel und keinen Frühstücksraum, wenn es zahlreiche Restaurants, Cafés und Bars in unmittelbarer Nähe gibt“, führt der Mitbegründer und Aufsichtsratsvorsitzende der „Vapiano SE“, einer international verbreiteten Restaurant-Kette, weiter aus. Im Januar startete das Unternehmen als erstes in Deutschland ein Pilotprojekt ganz ohne Personal. In den oberen drei Etagen eines modernen Büro- und Geschäftsgebäudes am Augustusplatz mitten in Leipzig bieten seitdem die 18 Suiten des Vasano-Hotels Fünf-Sterne-Ausstattung zum Vier-Sterne-Preis.

Eingecheckt wird über den Buchungsautomaten im Hauseingang. Nach Bezahlung mit der Kredit- oder EC-Karte öffnet sich die Tür des Fahrstuhls, der direkt und diskret zu der gebuchten Suite führt. Ein Zugang wie zu einer Wohnung. Denn Lobby, Restaurant oder andere Wohlfühlangebote fehlen. Bei einem Stadt-hotel mag man darauf verzichten können, findet man all dieses doch nur wenige Schritte entfernt, ein Restaurant ist sogar im selben Haus.

Doch so weit muss man gar nicht gehen. Denn die zweistöckigen Suiten (50 m²) verfügen über eine komplett eingerichtete Küche, die Juniorsuiten auf einer Ebene (33 m²) über Kühlschrank und Kaffeemaschine. Brötchen und Tageszeitung werden täglich an die Tür gehängt, ein vorbereitetes Frühstück steht im Kühlschrank bereit. Über den E-Mail-Concierge können Tickets bestellt, ein Tisch reserviert oder ein mobiler Massagedienst gerufen werden. Und wenn alle Stricke reißen, hat der Gast die Möglichkeit, über eine Videoleitung 24 Stunden lang Kontakt zu einem Notruf aufzunehmen.

Ein Modell, das schon längst nicht mehr einzigartig ist. Denn auch im Zentrum von Kopenhagen hat ein Selbstbedienungshotel ohne Personal eröffnet. Das Haus der finnischen Kette „Omena“ bietet 212 Zimmer für bis zu vier Personen, allerdings auf weitaus schlichterem Niveau und zu entsprechend niedrigeren und wahrlich interessanten Preisen. Gebucht und bezahlt wird online, den Zugangscode zum Haus und zum Zimmer erhalten die Gäste per E-Mail oder SMS. Frühstück kann man bei der online-Buchung bestellen. Ansonsten gehören eine Kochnische mit Wasserkocher und Kühlschrank sowie eine Essecke zur Ausstattung der Zimmer.

Auf ähnliche Weise ohne Rezeption, Restaurant und Personal läuft der Betrieb des aus einem Getreidesilo entstandenen schlichten Towerhotels von Waldkirch, das 2009 eröffnete. Nach Hotelangaben ist es das erste vollautomatische Gästehaus in der Schweiz. Einen seelenlosen 24-Stunden-Kaffee-, Getränke- und Snackautomaten findet man im Aufenthaltsraum. Das Haus wird durch einen Hotelautomaten betrieben, der gegen Bezahlung einen sechsstelligen Code vergibt. Dieser dient als Schlüssel für eines der 14 Zimmer. Alle Hotel-Informationen holt man sich auch hier vorab im Internet, über das ebenfalls die Buchung erfolgt. Helga Schnehagen


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