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16.10.10 / Ausgehandelte Berichterstattung / Wie Politiker, Journalisten und Lobbyisten zusammen agieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Ausgehandelte Berichterstattung
Wie Politiker, Journalisten und Lobbyisten zusammen agieren

So wie wir unsere Gesundheit Ärzten und Apothekern anvertrauen, so hängt der Zustand unserer Demokratie maßgeblich von Politikern und Journalisten ab. Beide Seiten handeln die Berichterstattung aus, die uns am politischen Leben teilhaben lässt. Doch mittlerweile steht nicht nur die politische Klasse am Pranger, auch die Medienmacher geraten unter Beschuss. „Die Meinungsmacher – Über die Verwahrlosung des Hauptstadtjournalismus“, so der Besorgnis erregende Titel des pointierten Werks der Hamburger Kommunikationswissenschaftler Leif Kramp und Stephan Weichert. Ihre Analyse beruht auf Interviews mit Akteuren, die zur Besatzung des „Raumschiffs“ Berlin gehören: Politiker, Journalisten, Lobbyisten und Kommunikationsberater.

Die Autoren beschreiben das Berliner Medienmilieu als ein Biotop, in dem Hektik, Sensationsrummel und Wichtigtuerei an der Tagesordnung sind. Im Wettbewerb um schrille Schlagzeilen, die im Online-Zeitalter rund um die Uhr geliefert werden müssen, sehen sie den Journalismus auf der schiefen Bahn. Die Hamburger thematisieren zahlreiche neuralgische Punkte, an denen sich eine öffentliche Diskussion entzünden müsste. So widmen sie sich der zunehmenden Boulevardisierung von Nachrichten ebenso wie den engen Beziehungen zwischen Politikern und Journalisten, die aufeinander fixiert sind und so die Bürger aus den Augen verlieren. Die Autoren stoßen dabei ins Horn der Kulturkritiker, die seit jeher eine inhaltliche Verflachung beklagen. Dabei wird gern übersehen, dass die Bedürfnisse des Publikums Dreh- und Angelpunkt in einem zunehmend ökonomisierten Mediensystem sind. Zu kurz kommt die Frage, ob sich die Bürger überhaupt einen anderen Hauptstadtjournalismus wünschen und eine unaufgeregte Hintergrundberichterstattung honorieren würden. Hätten die Autoren zudem gelegentlich über den deutschen Tellerrand geblickt, so wären ihnen die Berliner Zustände womöglich in einem milderen Licht erschienen.

Hervorzuheben ist, dass die Autoren die unbestreitbaren Schwächen des politisch-medialen Betriebs nicht nur anschaulich darstellen, sondern am Ende auch zu „Thesen für einen besseren Hauptstadtjournalismus“ gelangen. Der Blick, den Kramp und Weichert hinter die Kulissen von Politik und Medien werfen, ist gerade insofern verdienstvoll, als Journalisten in dem Maße unter öffentlicher Beobachtung stehen, in dem sich die Bürger für ihre Arbeit interessieren. So leistet das Buch einen Beitrag zur Kontrolle der Kontrolleure, die eine gesunde Demokratie braucht. Philip Baugut

Leif Kramp, Stephan Weichert: „Die Meinungsmacher – Über die Verwahrlosung des Hauptstadtjournalismus“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2010, gebunden, 304 Seiten, 20 Euro


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