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23.10.10 / Der Freiherr kann warten / Zu Guttenberg steht für höchste Ämter bereit, aber noch kaum im Frühjahr 2011 – Irrtümer des »Spiegel«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Der Freiherr kann warten
Zu Guttenberg steht für höchste Ämter bereit, aber noch kaum im Frühjahr 2011 – Irrtümer des »Spiegel«

Eine glänzende Amtsführung sowie phänomenal hohe und stabile Beliebtheitswerte machen Karl-Theodor zu Guttenberg immer unausweichlicher zum künftigen Bundeskanzler. Andere haben es damit eiliger als er selbst. Nur unter außergewöhnlichen Umständen würde er sich bereits im Frühjahr 2011 in die Pflicht nehmen lassen.

Guttenberg kennt die Gesetze der Mediengesellschaft: Die Zeitungen sind immer auf der Suche nach dem Neuen und Spektakulären, und ein Sturz aus großer Höhe gehört zweifellos dazu. „Ein gewisser Absturz hätte bei mir längst kommen müssen. Weil er bisher nicht gekommen ist, kann er stündlich kommen.“ Man kann dem seit längerer Zeit mit Abstand beliebtestens Politiker des Landes diese Einschätzung abnehmen. Sie schützt ihn und trägt zugleich dazu bei, den Aufstieg abzusichern.

Dessen Geradlinigkeit und Tempo ist in der Tat ein Phänomen. Nach jeweils wenigen Monaten im Amts des CSU-Generalsekretärs und des Bundeswirtschaftsministers wurde zu Guttenberg im Oktober 2009 Bundesverteidigungsminister. Viele Jahre lang galt dieses Amt als „Schleudersitz“, und noch heute ist es eines der undankbarsten der Republik: Die Deutschen sind, vorsichtig gesagt, wehrmüde. Den Etat des Verteidigungsministers behandeln sie als Steinbruch, was dessen Arbeit massiv erschwert. Zudem steht der Verteidigungsminister für das wohl unpopulärste Projekt der Bundesregierung, den Militäreinsatz in Afghanistan. Tatsächlich bleibt zu Guttenberg nichts anderes übrig, als alle paar Wochen vor Bundestag und Volk Gefallene zu vermelden. Es gehört zu den Geheimnissen seiner Person, wie dieses garstige Amt seiner Beliebtheit bisher nicht nur nicht geschadet hat, sondern wie er sogar aus dieser Funktion heraus neue Gipfel an Popularität und Respekt in Bevölkerung und Politik erklimmen konnte.

Zwei Projekte haben dazu beigetragen: Zu Guttenbergs (von der breiten Öffentlichkeit bislang wenig beachtetes) Tauziehen mit der Rüstungsindustrie (siehe Seite 4) und die Aussetzung der Wehrpflicht. Deren Ende war beliebt, barg aber auch Risiken: Große Teile der eigenen Partei, bishin zu Seehofer, haben lange für sie gekämpft. Doch der 38-Jährige Senkrechtstarter hat die Aussetzung so geschickt eingefädelt und erklärt, dass er dabei weder an Rückhalt in der Bundeswehr noch bei den Konservativen eingebüßt hat. Seehofer selbst hat er sogar eine Schlappe beigebracht, weil dieser – im Unterschied zu Merkel – ein wenig zu lange die politisch nicht mehr zu haltende Dienstpflicht verteidigt hatte.

Doch das Phönomen zu Guttenberg erschöpft sich nicht darin, dass er in dieser Weise politisch aus Dreck Gold zu machen versteht. Auch im privaten Bereich scheinen ihm Dinge zu nutzen, die anderen schaden würden. Die Herkunft aus einem Schloss – bei anderen Anlass für die Zuschreibung snobistischer Bürgerferne − vergrößert bei zu Guttenberg nur die Projektionsfläche für alle möglichen und unmöglichen Erwartungen und Träume. Das Privatvermögen von vermutlich über 200 Millionen Euro des reichsten Ministers, den die Bundesrepublik je hatte? Bei anderen ein Grund zum Neid, bei zu Guttenberg ein zusätzliches Argument für Unabhängigkeit.

Die aktuellen Spekulationen, zu Guttenberg könnte bereits nach einer möglichen Niederlage der CDU in Baden-Württemberg nach der Kanzlerschaft greifen, sind wohl substanzlos. Selbst wenn eine zutiefst verunsicherte Union ihn drängen würde, würde er vermutlich absagen. Doch so unwahrscheinlich der Einzug ins Kanzleramt kurzfristig ist, so wahrscheinlich ist er bereits mittelfristig.

Dass zu Guttenberg zu aktuell umstrittenen Themen wie Stuttgart 21, Lebensschutz oder auch zur Sarrazindebatte so gut wie nichts gesagt hat, bedeutet nicht, dass er keinen generalistischen Anspruch hätte. Sein Schweigen zu diesen Fragen bedeutet einerseits kluge Wahrung der Ressortgrenzen, andererseits aber auch die Vermeidung unnötiger Widerstände. Deutliche Worte zu den genannten Streitfragen würden immer auch Gegenwind bedeuten. Zu Guttenberg scheut ihn nicht, aber Profil hat er auch so genug. Wozu also die Projektionsfläche für Hoffnungen und Wünsche unnötig verkleinern?

Indirekt hat zu Guttenberg mit seiner Rede am 2. Oktober die Reichweite künftiger Möglichkeiten markiert. Den Vorabend des 20. Jahrestags der Deutschen Einheit feierte er mit der Jungen Union, nicht bei einem der offizielleren Termine. Mit seiner Rede, neben der der Vortrag des Bundespräsidenten verblasste, gab er seine Visitenkarte für jedes Amt dieses Landes ab.

Eine schiefe Wahrnehmung besteht darin, ein potenzieller Gegner für zu Guttenbergs weiteren Aufstieg wäre CSU-Chef Horst Seehofer. Denn alles spricht dafür, dass der Überflieger der deutschen Politik kein Interesse am Amt des bayerischen Ministerpräsidenten hat: Die Erfahrung lehrt, dass der spätere Wechsel aus der bayerischen Staatskanzlei ins Bundeskanzleramt nicht funktioniert, abgesehen davon, dass zu Guttenberg mit Leib und Seele Außenpolitiker ist. Hinzu kommt, dass seine Frau Stephanie nach PAZ-Informationen eindeutig in Berlin bleiben will.

Das glaubwürdige Desinteresse des Polit-Stars an Bayerns höchstem Amt macht ihn zum natürlichen Verbündeten all derer in der CSU, die auf die Nachfolge Seehofers hoffen. Das gilt namentlich für Markus Söder, in dem der „Spiegel“ noch einen möglichen Konkurrenten sieht, der aber nach Informationen dieser Zeitung längst einen strategischen Ausgleich mit zu Guttenberg gefunden hat.

Nur in Bayern selbst würden sich die beiden Franken im Weg stehen, denn im inneren Wertegefüge der CSU kommt der Regionalproporz unmittelbar hinter dem Reinheitsgebot für das Bier. In Bayern aber liegt nicht die Zukunft des Bundesverteidigungsministers. Auch für den Ministerpräsidenten selbst, der es bei der Landtagswahl 2013 noch einmal wissen will, ist er damit kein direkter Konkurrent mehr. Konrad Badenheuer


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