23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.10.10 / Streit um falsche Väter / Kompetenzwirrwarr: »Scheinvaterschaften« bleiben ungeahndet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Streit um falsche Väter
Kompetenzwirrwarr: »Scheinvaterschaften« bleiben ungeahndet

Um ihrer Abschiebung zu entgehen, übernehmen ausländische Männer auch zum Schein die Vaterschaft für das Kind einer deutschen Mutter, das nicht ihres ist. Nicht selten wird dafür bezahlt wie für eine Schein-ehe. Die Praxis ist illegal, wird in Berlin jedoch kaum rechtlich verfolgt.

Grund dafür ist nach Meinung der CDU-Opposition, aber auch kritischer SPD-Politker das Fehlen einer zentralen Prüfstelle, die Verdachtsfällen in ganz Berlin nachgeht. Bislang hatte der rot-rote Senat die Prüfung von Scheinvaterschaften bei den Bezirken abgeladen. Diese Praxis jedoch hat das Berliner Kammergericht nun für unrechtmäßig erklärt.

Folgerichtig stellten die Richter fest, dass nach ihrem Urteil derzeit im Land gar keine Behörde berechtigt mehr sei, Scheinvaterschaften anzufechten. Doch der Senat sträubt sich ungeachtet des Urteils dagegen, zuständig zu sein. Und die Bezirke müssten ihre eigenen Bemühungen nach dem Richterspruch eigentlich einstellen.

Das will der zuständige Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verhindern und hat eine neue Verordnung erlassen – damit sei jetzt alles klar: „Mit der neuen Verordnung sind die Berliner Behörden rechtssicher handlungsfähig“, behauptet der Senat. Das bezweifeln aber ausgerechnet die mit zahlreichen anderen Aufgaben belasteten Bezirke.

Experten gehen von berlinweit rund 600 Fällen aus. Jährlich kommen demnach etwa 100 hinzu. Das Schlupfloch Scheinvaterschaft wird in der Hauptstadt vor allem von Vietnamesen, Bosniern und Türken genutzt. Gegen die Senatslinie regt sich jetzt gerade im besonders betroffenen Bezirk Neukölln unter dem bundesweit bekannten Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) Widerstand. Dort will man eine Zentralstelle, denn Ermittlungen seien bereits vor dem Kammergerichts-urteil unnötig schwer gewesen. Schon durch Umzug in einen anderen Berliner Bezirk könnten Familien unangenehmen Fragen ausweichen, so das Bezirksamt. Die Ausländerbehörde könne weit effektiver ermitteln, sagen zuständige Bezirksamtsmitarbeiter – allein der Senat sträubt sich.

Über die Justizverwaltung teilte der Senat seinen zwölf Bezirken mit, das Problem sei „nicht von gesamtstädtischer Bedeutung“. Zudem geht Berlin gegen das Urteil des Kammergerichts in Revision. Andere Bundesländer haben derweil längst eine zentrale Prüfstelle eingerichtet.        SV


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren