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23.10.10 / Wie »Clown« und »Feldwebel« einander hassen lernten / Georg II. wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Wie »Clown« und »Feldwebel« einander hassen lernten
Georg II. wurde von seinem Cousin Friedrich Wilhelm I. verprügelt – Dafür heiratete der Engländer die Frau, die der Preuße liebte

Den Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) verbanden eine tief empfundene Antipathie und – mit Kurfürstin Sophie von Braunschweig-Lüneburg (1630–1714) – eine gemeinsame Großmutter mit dem britischen König und Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg Georg II. Des öfteren soll der spätere Soldatenkönig seinen Cousin verprügelt haben. So wie Friedrich Wilhelm zwischen 1689 bis 1692 wurde auch Georg August am hannoverschen Hof von seiner Großmutter erzogen.

Die Ursache hierfür war die Untreue seiner Mutter, der britischen Königin ab 1714 Prinzessin Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg-Celle (1666–1726). Diese war eine mutige Frau, denn sie revanchierte sich für die zahlreichen Ehebrüche ihres Gatten Georg Ludwig (1660–1727) dadurch, dass sie sich auch einen Liebhaber nahm, den Grafen Philipp Christoph von Königsmarck (1662–1694). Aber zur damaligen Zeit hatte sie als Frau keine Chance und wurde wegen ihrer Affäre im Jahre 1694 auf das südöstlich von Verden an der Aller gelegene Schloss Ahlden verbannt. Cineasten wird die Geschichte aus dem 1948 gedrehten Spielfilm „Königsliebe“ („Saraband for Dead Lovers“) bekannt vorkommen, in dem Stewart Granger und Joan Greenwood das historische Liebespaar Königsmarck und Sophia Dorothea verkörpern.

Die Frau, die als Prinzessin von Ahlden in die Geschichte einging, durfte ihren am 30. Oktober 1683 in Herrenhausen bei Hannover geborenen Sohn Georg August wie auch ihre Tochter Sophie Dorothea (1687–1757) nicht mehr sehen. Ihr Mann gab ihre gemeinsamen Kinder zur weiteren Erziehung zu seiner Mutter Sophie, besagter Großmutter Friedrich Wilhelms I.

Sophie Dorothea heiratete später ihren brandenburgisch-preußischen Cousin Friedrich Wilhelm. Es war eine Vernunftehe. Verliebt hatte sich der Preußenprinz in Caroline von Brandenburg-Ansbach (1683–1737). Aber die heiratete 1705 Georg August, was der Antipathie zwischen den beiden Cousins zusätzliche Nahrung gab.

Georg August, der nach dem Tode seines Vaters britischer König und Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg und Fried­rich Wilhelm, der 1713 König in Preußen und brandenburgischer Kurfürst geworden war, hassten einander so sehr, dass es 1731/1732 fast zu einer militärischen Konfrontation zwischen den beiden Kurfürstentümern gekommen wäre – wegen preußischer Werbungen in den hannoverschen Grenzgebieten. Aber nicht nur mit Friedrich Wilhelm zankte sich Georg herum, sondern auch mit seinem Vater und seinem ältesten Sohn.

Im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740/1741–1748) focht Georg II., wie er sich nun nannte, an der Seite Maria Theresias (1717–1780) und besiegte die Franzosen in der Schlacht bei Dettingen (27. Juni 1743), an der er selbst teilnahm. Im Jahre 1744 gab es einen Konflikt mit seinem Neffen Fried­rich den Großen (1712–1786) um Ostfriesland. Hier war dessen Herrscherhaus Cirksena am 26. März 1744 erloschen, und beide Kurfürsten erhoben Ansprüche. Aber Friedrich war nicht der Mann, der sich eine Provinz ohne weiteres wegnehmen ließ – und Georg nahm von weiteren Insurrektionen Abstand.

Georgs Engagement für sein Kurfürstentum machte auf die Briten keinen guten Eindruck. Insbesondere auch deswegen, weil man meinte, dass dadurch der Aufstand der katholischen Jakobiten in Schottland nicht hinreichend bekämpft werden könnte. Allerdings konnte Georgs dritter Sohn Wilhelm August (1721–1765) am 16. April 1746 die Aufständischen unter Bonnie Prince Charlie bei Culloden vernichtend schlagen, so dass die protestantische Religion in England ungefährdet blieb.

Nachdem er die kriegerischen Auseinandersetzungen überstanden hatte, stiftete Georg 1750/1751 die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und 1753 das Britische Museum in London. Georg II. zog sich dann allmählich aus der Politik zurück und überließ seinen Ministern die Hinwendung zur Festigung der weltumgreifenden kolonialen Herrschaft und die Verbindung zu Preußen, das in den Augen der Engländer zu ihrem Degen auf dem Festland gegen Frankreich wurde.

In seiner „Geschichte des Hauses Brandenburg“ hat Friedrich der Große den Zwist Georgs II. mit seinem Vater geschildert: Georg nannte Friedrich Wilhelm „le sergent“ (Sergeant, Feldwebel) und sein Vater nannte Georg „le comédien“, was man wohl am besten mit Harlekin übersetzen sollte. Friedrich schloss sich in diesem Punkte dem Urteil seines Vaters an, denn er spottete über seinen Verbündeten im Siebenjährigen Krieg auch in einigen seiner Verse, die er aber nur seinen Freunden zu lesen gab. Georg II. starb am 25. Oktober 1760 in Kensington bei London.      Jürgen Ziechmann


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