© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Moderne Glasobjekte
In Rheinbach werden nicht nur historische Gläser gezeigt

Rheinbach hat sich durch die Ansiedlung der deutschen Glasveredler aus Nordböhmen – die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben worden waren – zur „Stadt des Glases“ entwickelt. Neben zahlreichen Veredlungswerkstätten wurden auch die ehemalige Glasfachschule Steinschönau und das Glasmuseum in Rheinbach gegründet. Auch heute noch ist die umfangreiche „Stiftung Hickisch“ als Grundstock der Sammlung in der Dauerausstellung des Museums im historischen Ensemble des Himmeroder Hofes zu sehen. Die Präsentation gibt einen Überblick über die Kunst böhmischer Glasherstellung und -veredlung. Die Vielfalt der Exponate deckt Entwicklungsetappen vom Barock bis zum zeitgenössischen internationalen Studioglas ab.

Wer derzeit die Dauerausstellung des Rheinbacher Glasmuseums besucht, kommt an der aktuellen Sonderausstellung „Ein+Durch+Ausblicke“ nicht vorbei. In der Schau tritt eine Auswahl der jüngsten Glasobjekte von Wilfried Grootens in einen spannungsreichen Dialog mit Malereien von Hans Schönborn. Wie die Museumsleiterin, die gebürtige Siebenbürgerin Ruth Fabritius, verriet, war es für sie sehr wichtig, die Arbeiten dieser beiden zeitgenössischen Künstler in einer gemeinsamen Schau vorzustellen. Sowohl den Glasobjekten als auch den Aquarellen liegen Schwerpunkte wie Reisen, Wasser und Farbe zugrunde. Beim intensiven Beobachten der Glaskunst-Exponate und der farbenfrohen Aquarelle entstehen immer wieder thematische Brückenschläge.

Je nach dem Blickwinkel, aus dem die Skulpturen und Objektglaskästen aus geschichtetem Floatglas, einem in speziellem Verfahren hergestellten Flachglas,  von Wilfried Grootens betrachtet werden, eröffnen sich unterschiedliche Perspektiven und chromatische Effekte.

Der Künstler hat nach seiner Ausbildung zum Glas- und Porzellanmaler zunächst Reisen nach Asien, in den Orient und nach Südamerika unternommen. Seit 1989 besitzt er ein eigenes Atelier und beschäftigt sich vorrangig mit Plexi- und Acrylglas sowie mit Floatgläser-Experimenten.

Die Exponate im Rheinbacher Glasmuseum bestehen zum Teil aus unzähligen Farbglasscheibchen, die der Künstler in Vitrinen geschichtet hat. So etwa liegt auch der „Porta 2008“ und den Werken zum Thema Unterwasserwelten eine bemalte Flachbildscheibe zugrunde, die in viele präzise Scheibchen geschnitten und zu einer künstlerischen Form gestaltet wurde. Faszinierend ist auch die Ofengussarbeit „Ohne Titel“, in der Grootens eine spezielle Technologie angewandt hat, um aus Glas und Basalt ein beeindruckendes Kunstwerk zu schaffen.

Hans Schönborn wiederum ist Bauingenieur und war viele Jahre als Baudirektor in Rheinland-Pfalz tätig. Der reiselustige Aquarellist hat von Kindesbeinen an gerne gemalt. Sein Werk umfasst unter anderem Zeichnungen, Aquarelle, Tempera- und Ölmalereien sowie Radierungen und Grafiken. In der Ausstellung im Rheinbacher Glasmuseum sind Bilder zu sehen, die lichterfüllte Augenblicke festhalten. Aber auch aussagekräftige Grafiken wie beispielsweise die Aquatinta-Arbeit „Gegenlicht“ strahlen einen besonderen Reiz aus. Spannend für die Betrachter sind übrigens auch einige Druck-platten, die in einer Vitrine gemeinsam mit dem Werk zu sehen sind.

Die Vorbereitungen für eine weitere interessante Schau, die bereits am 19. November im Glasmuseum eröffnet wird, laufen schon jetzt auf Hochtouren. In dieser Ausstellung werden Parfümflakons aus drei Jahrtausenden zu sehen sein, darunter auch böhmische Fläschchen.     Dieter Göllner

Die Ausstellung im Glasmuseum Rheinbach, Himmeroder Wall 6, ist bis 14. November dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, am Wochenende von 11 bis 17 Uhr zu sehen, Eintritt 2,50 / 1 Euro.