© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Komplett nach Berlin?
Bundeswehr-Reform führt zu neuer Debatte über Regierungssitze

Die Kommission zur Strukturreform der Bundeswehr unter Leitung von Frank-Jürgen Weise hat neuen Zündstoff in die Koalition getragen. Weise, im Hauptberuf Präsident der Bundesagentur für Arbeit, schlug unter anderem vor, das Verteidigungsministerium bis auf eine nachgeordnete Behörde ganz von Bonn nach Berlin zu verlegen. Bislang sitzt die Mehrheit der Ministerialen noch auf der Bonner Hardthöhe. Zudem solle die Zahl der Mitarbeiter im Ministerium von 3300 auf rund 1600 reduziert werden.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat bereits signalisiert, dass er die Richtung gutheißt. Mit kosmetischen Korrekturen sei es nicht mehr getan.

Ganz anders dagegen FDP-Chef Guido Westerwelle und sein Generalsekretär Christian Lindner. Die Zweiteilung zwischen Bonn und und Berlin habe sich bewährt, konterte der Außenminister. Ähnlich äußerte sich Lindner.

Die Äußerungen könnten innerhalb der FDP, aber auch zwischen Union und Liberalen noch zu Misshelligkeiten führen. Westerwelle setzt sich dem Verdacht aus, Kirchturmpolitik zugunsten seiner Heimat zu betreiben: Bonn ist der Wahlkreis des Chefliberalen. Auch Lindner ist Rheinländer.

Die Kommission geht mit den internen Strukturen des Verteidigungsministeriums hart ins Gericht. Sie entwirft das Bild einer Bürokratie, die es versäumt hat, sich aus den starren Verhältnissen des Kalten Krieges zu lösen. Statt sachgerechte Flexibiltät und Kooperation an den Tag zu legen, die dem internationalen Wirken der deutschen Streitkräfte angemessen wären, herrschen offenbar Schwerfälligkeit und Eifersüchtelei unter den Abteilungen – ein bürokratisches Monster aus längst vergangenen Tagen.                 Hans Heckel