20.04.2024

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30.10.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wollen wir? / Warum im Bellevue die Unterröcke platzen, wieso Washington plötzlich die Regeln ändert, und wann wohl Revolution ist

Die gellenden Schreie, die durch den Berliner Tiergarten schollen, waren markerschütternd. Soeben waren den Staatsgouvernanten im Schloss Bellevue vor Schreck die Unterröcke geplatzt. Nacktes Entsetzen verzerrte ihre Gesichter. Sie hatten Grauenvolles gesehen.

„Deutschland über alles“ hatte der chilenische Staatspräsident Sebastián Piñera ins Gästebuch des Bundespräsidenten geschrieben, um dem Gastgeberland seine Ehrerbietung zu bezeugen. Christian Wulff glotzte „betreten“, wird berichtet. „Deutschland über alles“! Die Zeile stammt aus der Nazi-Zeit, hat eine große deutsche Boulevard-Zeitung recherchiert. Das hätte Piñera doch wissen müssen!

Er habe es nur gut gemeint, windet sich der Gast. Heuchler! Mit seinen nachgeschobenen Ausflüchten hat Piñera sich selber verraten. Er habe in den 50er und 60er Jahren eine deutsche Schule besucht, und in seiner Erinnerung seien die Worte im Zusammenhang mit der Einigung des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck gefallen.

„Bismarck“? „Deutsche Einigung??“ „Reich“??? Sagen wir doch: Nazi-Zeit! Die hat nämlich viel länger gedauert, als gemeinhin angenommen – ganze 150 Jahre. 1841 hat der Paläo-Nazi Hoffmann von Fallersleben den grässlichen Text ausgeheckt, 1922 machte ihn Nazi-Ebert zur Nationalhymne und erst 1991 haben sich Helmut Kohl und Richard von Weizsäcker dazu durchgerungen, die ersten beiden Strophen des Liedes der Deutschen aus der Hymne zu streichen. Vorher, von 1952 bis 1991, hatte es bloß geheißen, man solle bei staatlichen Anlässen nur die dritte singen.

Das alles will der feine Herr Piñera also nicht gewusst haben. Ja, ja, so reden sie sich immer raus: „Nichts gewusst.“ Es wird lange dauern, bis sich die Beziehungen unserer beiden Länder wieder normalisiert haben.

Der diplomatische Schaden ist  beträchtlich: Wenn deutsche Staatsmänner künftig auf Chilenen treffen, müssen sie doch in jeder Sekunde mit braunen Provokationen rechnen. Und die Chilenen? Die werden bei künftigen Besuchen in Berlin einen Psychotherapeuten vorwegschicken, der ihnen anschließend Ratschläge gibt, wie sie mit den hysterischen Teutonen reden müssen, ohne weiteren seelischen Schaden anzurichten. Zur Sicherheit werden sie immer eine Papiertüte dabeihaben, falls der Deutsche aus heiterem Himmel hyperventiliert, weil man aus Versehen erzählt hat, dass man das Bier in „Deutschland über alles“ liebt.

Ja, auch die brave Bundesrepublik hat ihre scharfen Kanten. Wir sind das freieste Land, das es je auf deutschem Boden gab. Und niemand hat die Absicht, ein Mauer zu errichten gegen die Redefreiheit. Aber alles hat Grenzen, und Grenzen müssen geschützt werden gegen die, die ausbrechen wollen. Das bekommen auch Staatsbesucher zu spüren.

Ach, was für ein Schlamassel. Hätte man den Vorfall nicht wenigstens geheim halten können? Geht nicht? Gibt’s nicht: Wozu haben wir all die teuren Geheimdienste. Bei denen ist so ziemlich alles geheim. Jeder wird genau danach eingestuft, wie viel er wovon wissen darf. Damit nicht so viel passieren kann, wenn einer überläuft zum bösen Feind oder sich aufspielt mit einem Enthüllungsbuch.

Die ganze Krämerei nützt allerdings nicht viel, wenn später alle Geheimnisse in einem großen Daten-Eimer landen, den „Wiki­leaks“ dann ins Internet kippt. Zigtausende von US-Datensätzen mit teils brisanten Inhalten können da nun von jedermann bestaunt werden. Washington scheint seine Geheimnisse geschützt zu haben wie einen Schnellhefter, den man in der U-Bahn liegen lässt.

Der Spott kam prompt: Schamlos ziehen Computer-Spezis über die US-Sicherheitsvorkehrungen her und weisen nach, wie leicht es sei, sich einzuschalten in die  Speichernetze des Pentagon. Na ja, so ist das eben: Der sicherste Platz ist immer noch unter der Fußmatte. Da hätte die „Hacker“ bestimmt nicht gesucht.

Die USA machen sowieso eine schwere Zeit durch, und wir Deutsche sind nicht gerade hilfreich. In einem bösen Brief beklagt sich Obamas Finanzminister Tim Geithner über „Ungleichgewichte“: Deutschland, China und Japan exportieren zu viel. Das müsse aufhören, weil die US-Exporteure ihren Krempel sonst niemandem andrehen können. Am liebsten würde er Handelsbilanzüberschüsse per Befehl auf vier Prozent „begrenzen“. Auf deutsch: Der Weltmarkt soll politisch unter Kontrolle gebracht werden.

Man hört es und staunt: Vor 13 Jahren, als etliche asiatische Länder in die „Asienkrise“ rutschten, verordnete der US-beherrschte Internationale Währungsfond noch: Öffnet eure Märkte, lasst die politischen Kontrollen sausen. Das kam US-Investoren sehr zu Pass, die sich dann gleich mal ein paar tolle Stücke aus dem gelben Kuchen sichern konnten.

Das war einmal: Nun sind die USA in der Krise, weshalb die Dinge geringfügig neu interpretiert werden müssen: Schluss mit dem freien Markt. Jetzt müssen die Staaten eingreifen, soll der  Wettbewerb von oben reguliert werden, damit es für Amerika nicht noch ärger kommt.

Wir lernen: Regeln müssen  sensibel angewendet werden. Nur weil die totale Öffnung im Falle von Thailand oder Indonesien gut war, muss das ja nicht auch im Falle der USA gelten.

Gleiche Regeln für alle sind in unserer bunten Welt von heute ohnehin ein gefährliches Hirngespinst. Das gilt international wie auch zu Hause im multikulturellen Deutschland. Mit einem gewissen Unbehagen beobachten die Sicherheitsbehörden das Treiben einiger kurdisch-arabischer Großsippen, die einst als „Bürgerkriegsflüchtlinge“ aus dem Libanon nach Deutschland kamen. Ihre Regeln lauten: Betrüge die Sozialkassen, stehle, handle mit Drogen, mache Geld mit Bordellen und lege auch mal jemanden um, wenn er im Wege ist.

So kann das nicht weitergehen, schwor sich der zuständige Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch schon 2007 und forderte, mit aller Härte gegen die hochkriminellen Clans vorzugehen: Ausweisen, verhaften, Einbürgerung verhindern, „Familiennachzug“ verhindern etc. Berlins SPD-Innensenatorin Gisela von der Aue nahm den Ruf auf und reagierte tatsächlich mit aller Härte: Reusch wurde abgelöst und durch einen Nachfolger ersetzt, der bislang mit Verkehrsdelikten befasst war. Oberstaatsanwalt Ingo Kühn wurde sogleich gefragt, ob er wie sein Vorgänger ebenfalls hart vorgehen wolle gegen die meist jungen Straftäter. Kühn laut „Spiegel“: „Das Wort Härte, das gefällt mir nicht.“

Mittlerweile ist die Lage laut Polizeikreisen außer Kontrolle. Die Clans hätten sich fest implantiert in ein System der Organisierten Kriminalität. Nun könne es nur noch darum gehen, den Einfluss der Ganoven-Sippen auf das öffentliche Leben „einzudämmen“. Zumal sich die Sozialämter offenbar strikt weigern, mit der Polizei zu kooperieren, wegen des Datenschutzes.

Aha. Wir fassen zusammen: Die Organe eines 80-Millionen-Staates räumen offen ein, mit ein paar Dutzend kriminellen Clans aus dem Nahen Osten nicht mehr fertig zu werden. „Der Zug ist abgefahren“, seufzt ein Bremer CDU-Politiker, wo die Familien ebenfalls hoch aktiv sind.

Wann war noch gleich Revolution? „Wenn die oben nicht mehr können, und die unten nicht mehr wollen.“ Richtig, wir erinnern uns. Dass die „oben nicht mehr können“, das haben wir jetzt von denen selbst. Und wir hier unten? Wollen wir noch? Nun ja, „wollen“ ist so ein Wort, das klingt so energisch, aber so fühlen wir uns gar nicht. Es ist mehr ein zähes Gären. Indes: Was lange genug gärt, jagt irgendwann den Deckel hoch. Manchmal hat man den Eindruck, er wackelt schon.

Was Gisela von der Aue sagt, wenn er ihr um die Ohren fliegt, das wissen wir bereits heute: „Niemand konnte damals ahnen, welches Ausmaß die Probleme annehmen würden.“ Auch Ahnung muss halt gewollt werden.


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