© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-10 vom 06. November 2010
Wählte Gehorsam Dass Admiral Erich Raeder von einem Tribunal der Sieger im Jahre 1946 für seinen konsequenten Gehorsam juristisch verurteilt wurde (siehe Artikel Seite 11), ist vor dem Hintergrund der nicht unumstrittenen Legitimation des Gerichtshofes und der prozessualen Rahmenbedingungen seinerzeit auch auf Kritik gestoßen. Gleichwohl hat sich der Großadmiral schuldig gemacht, indem er die Augen vor schwerstem Unrecht verschloss und seine hohe Position nicht dazu nutzte, auch nur im Ansatz dagegen aufzubegehren oder wenigstens seine Missbilligung zu äußern. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine war ein Mann von noblem Charakter und lauterer Gesinnung, dem persönlich jede inhumane Neigung fremd war. Jedoch teilte er, betont konservativ und christlich eingestellt, mit anderen Spitzenmilitärs, aber auch hohen Beamten und Diplomaten die Tragik, sich nicht aus dem überlieferten Loyalitäts- und Gehorsamsdenken der protestantischen Kultur lösen zu können. Seinem Verständnis von Gehorsam und Ehre steht das Vermächtnis des preußischen Generals Johann von der Marwitz gegenüber: „Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte.“ |
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