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06.11.10 / Glanzstücke schlesischer Keramik / In Ratingen werden Fayencen aus den Manufakturen Proskau und Glinitz ausgestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-10 vom 06. November 2010

Glanzstücke schlesischer Keramik
In Ratingen werden Fayencen aus den Manufakturen Proskau und Glinitz ausgestellt

Sie gehörten früher zur Zier-de barocker Tafeln und schmückten herrschaftliche Wohnsitze. Bis heute wird oberschlesische Fayence aus Proskau und Glinitz zu hohen Preisen gehandelt. Diese bedeutenden keramischen Erzeugnisse aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts präsentiert das Oberschlesische Landesmuseum ab Sonntag in einer Sonderausstellung. Erstmals werden Schaustücke aus Polen, Tschechien und Deutschland gemeinsam gezeigt. Die Geschichte der Fayenceherstellung mit dem Schwerpunkt Proskau ist für die Kunst, Kultur und Wirtschaft des 18. Jahrhunderts typisch und zugleich aussagekräftig.

Bereits ab dem 9. Jahrhundert entstanden im arabischen Raum frühe Zentren der Fayence-Herstellung. Von dort aus gelangte diese Technik über die Iberische Halbinsel bis nach Italien.

Auch nördlich der Alpen waren Fayencen ab dem 16. Jahrhundert sehr populär. Sie stellten die einzige Alternative zum kostbaren chinesischen Porzellan dar. Dieses versuchte man so gut wie möglich zu imitieren. Vor allem durch die weißdeckende Zinnglasur kam man diesem Ziel ziemlich nahe. Da das asiatische Porzellan und die berühmten niederländischen Fayencen meist zu teuer waren, förderten die Landesherren die Gründung eigener Manufakturen. Dies entsprach außerdem den merkantilistischen Wirtschaftsprinzipen, die von zahlreichen Fürsten verfolgt wurden. Vor allem durch massive Staatseingriffe, die Förderung des Exports und die Einschränkung des Imports wurde versucht, die nationale Wirtschaftskraft zu steigern. Auch Preußens König Friedrich der Große handelte nach diesen Grundsätzen. So veranlasste er Graf Leopold von Proskau, 1763 eine Fayencefabrik zu gründen. Aufgrund der günstigen geographischen Gegebenheiten des oberschlesischen Proskau eignete sich dieses Dorf besonders gut für einen keramischen Betrieb. Bereits sechs Jahre später gelangte die Proskauer Manufaktur in den Besitz der Familie von Dietrichstein. Unter deren Führung kam es ab 1770 zu einer neuen Blüte. Während dieser Epoche entstand der größte Teil der figürlichen Objekte. Zu den mit bunten Muffelfarben bemalten Geschirren kamen nun auch plastische florale Elemente, etwa als Henkel oder Knauf. Es entstanden Pastetendosen, Terrinen und Kannen in Form von Obst, Gemüse und Tieren als dekorative Elemente einer festlich gedeckten Tafel.

Die Proskauer Erzeugnisse erlangten auch außerhalb Schlesiens große Popularität. Dennoch befand sich die Manufaktur in einer finanziell desolaten Lage. 1783 wurde sie an den preußischen Staat verkauft. Ab 1788 wurde in Proskau vor allem Steingut hergestellt, was die Produktionskosten erheblich senkte.

Doch konnten diese Maßnahmen und drei weitere Führungswechsel den Niedergang der Manufaktur nicht mehr verhindern. Dazu kam, dass die Fayence nicht mehr zeitgemäß und der Konkurrenz des Porzellans nicht mehr gewachsen war. Ein Brand in der Schlämmhalle wurde 1853 zum Anlass genommen, die Produktion in Proskau endgültig einzustellen.

Die Ausstellung wird neben Proskauer Fayencen auch Erzeugnisse aus der nahe Proskau gelegenen Manufaktur in Glinitz und der von Carl von Dietrichstein gegründeten Manufaktur in Mährisch-Weißkirchen zeigen. So soll eine Einordnung der Proskauer Fayence in einen größeren Zusammenhang ermöglicht werden. Zusätzlich zu den eigentlichen Fayencen vermittelt die Ausstellung den Besuchern anschaulich allgemeine Informationen zu Geschichte und Technik der Fayence.     olm

Die Ausstellung ist im Oberschlesischen Landesmuseum, Ratingen, vom 7. November 2010 bis 23. Januar 2011 zu sehen, anschließend vom 5. Februar bis 25. April 2011 im Museum für schlesische Landeskunde im Haus Schlesien, Königswinter, und schließlich vom 15. Mai bis September 2011 im Schlesischen Museum, Troppau (Opava).


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