19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.11.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Idis Erbe / Was Ben Bernanke von Uganda gelernt hat, wie Hans Eichel für die Griechen kämpfte, und wie die SPD die Finger sogar zweimal kreuzte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-10 vom 06. November 2010

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Idis Erbe / Was Ben Bernanke von Uganda gelernt hat, wie Hans Eichel für die Griechen kämpfte, und wie die SPD die Finger sogar zweimal kreuzte

Idi Amin war ein Scheusal. Als er nach achtjähriger Herrschaft über Uganda 1979 endlich fliehen musste, hatten hunderttausende Menschen auf bestialische Weise ihr Leben verloren oder waren vertrieben worden. Das Land blutete aus zahllosen Wunden.

Trotz allem Abscheu kursierten über Amin noch bis weit in die 80er Jahre lustige Anekdoten, die sich an der sagenhaften Unbildung des mutmaßlichen Analphabeten hochzogen. „Der Idi“ geriet zum Hanswurst unter den         Gewaltherrschern seiner Epoche.

Eine Geschichte ging so: Als Idi sein Land nach allen Regeln der Kunst in den Ruin geritten hatte, nahm sein Finanzminister allen Todesmut zusammen und trat vor seinen Despoten: „Herr Präsident, wir haben kein Geld mehr!“ „Na und?“, war die Antwort, „Dann drucken Sie doch welches!“

Was haben wir gelacht über die Töffel, wir Angehörigen der zivilisierten Welt. Wir, die wir doch im Groben Bescheid wussten über den Zusammenhang von Geldmengenaufblähung und Geldentwertung. Einfach Geld drucken! Heilige Einfalt ... war das komisch.

Ganz hinten in der Ecke saß einer, der nicht gelacht hat, sondern gestaunt: So leicht geht das also, dachte sich der frischgebackene amerikanische Doktor der Wirtschaftswissenschaft, der jetzt, mit Ende 20, noch nicht ahnen konnte, wie weit er es einmal bringen würde. Viele Jahre sind seitdem verstrichen, doch Idi Amins Idee mit dem Gelddrucken hat Ben Bernanke nicht mehr losgelassen.

Jetzt ist er der Chef der US-Notenbank Fed und setzt seine afrikanische Erleuchtung eifrig in die Tat um. Die USA haben kein Geld mehr? Ben druckt neues. Diese Woche rollten die Maschinen wieder an. Milliarden über Milliarden frischer Dollars pumpt Bernanke direkt in den zerrütteten Staatshaushalt, damit Idi Obama nicht die Luft ausgeht. Inflation? Ach was – wird schon schiefgehen.

Außerdem ist so ein bisschen Inflation ja auch gar nicht schlecht, damit werden die enormen Staatsschulden weniger wert. Die Idee hatte in Deutschland auch mal einer, er hieß Rudolf Havenstein und war Reichsbankpräsident. Der deutsche Bernanke schaffte es tatsächlich, dass 160 Milliarden Mark an Staatsschulden am Ende nur noch 16 Pfennig wert waren. Man schrieb den 15. November 1923, die alte Mark war erledigt. Ihr Hinscheiden zog weitere Trauerfälle nach sich: Fünf Tage später fiel Havenstein tot um, gut neun Jahre später folgte ihm die Republik von Weimar.

Ja, sieht die Gefahr denn keiner? Doch schon, aber eine Gefahr zu sehen heißt ja noch lange nicht, sie auch zu bekämpfen. Manchmal erscheint es kurzfristig ratsamer, lieber diejenigen zu knebeln, die dreist vor aller Welt auf die Bedrohung hinweisen. Das Knebeln nennt man „Politik“.

Hans Eichel hat sein ganzes Leben lang Politik gemacht, zuletzt als Bundesfinanzminister bei Gerhard Schröder. Seine damaligen Umtriebe holen ihn heute wieder ein: Eichel war dem Chef der hessischen Landeszentralbank, Hans Reckers, im Jahre 2000 über den Mund gefahren, weil der vor einer verfrühten Aufnahme der Griechen in den Euro gewarnt hatte. Dazu sei der „nicht befugt“, grollte Eichel. Er wollte die Griechen-Aufnahme um jeden Preis durchziehen.

Den Ex-Minister hatten wir schon früher mal aufgespießt, weil er eine der höchsten Politiker-Pensionen in Deutschland kassiert. Himmel, was waren wir kleinlich damals: Von dem Geld, das uns Eichels militantes Schweigen zu Griechenland kosten wird, könnten wir uns Zigtausende solcher Nobel-Politpensionäre leisten!

Die Politik war ganz begeistert vom „Erfolg“ der ersten Euro-Erweiterungsrunde mit den Griechen. Eichels Botschaft an die Finanzmetropolen: Die europäische Integration in ihrem Lauf, die hält weder Ochs noch Esel auf! Eichels Botschaft an die Griechen: Ihr habt alles richtig gemacht, jetzt feiert mal schön!

Das ließen die sich nicht zweimal sagen; es hagelte Geschenke im Hellenenland. 39 Prozent der staatlichen Löhne bestehen aus sogenannten Zulagen, kleinen Nettigkeiten von der Regierung, die aufs reguläre Gehalt draufgeschlagen werden. Wir staunen, was es da alles gibt: Lokführer bekommen für jeden gefahrenen Kilometer eine Extraprämie zum Gehalt. Und wenn sie sich mehr als 30 Kilometer vom Dienstort entfernen, kommt nochmal was obendrauf, selbst wenn sie ihre Tour zu Dienstschluss wieder nach Hause führt. Die staatlich besoldeten Priester erhalten sogar eine Zulage fürs Lesen der Messe, Kampftaucher bekommen eine Tauchprämie, wenn sie tatsächlich einmal tauchen müssen, Techniker von Athens Stadtbahn kriegen vier Prozent extra fürs Händewaschen und Verwaltungsbeamte einen Aufschlag, wenn sie schnell und effizient arbeiten – was denn wohl die Ausnahme sein dürfte. Vermutlich bekommen auch Kraftfahrer eine Sonderzulage fürs Kraftfahren, Totengräber fürs Tote begraben und Wachleute fürs Wacheschieben. Alles in allem entsteht der merkwürdige Eindruck, dass es in Griechenland keineswegs normal ist, dass man der Arbeit, für die man bezahlt wird, auch wirklich nachgeht, weshalb dafür jeweils ein Extrazuckerl gereicht werden muss.

Den für das Aufnahmedesaster Verantwortlichen in Berlin, Brüssel, Frankfurt und anderswo geht es nur noch darum, sich irgendwie herauszuwinden. Dafür haben sie vor zehn Jahren feinsinnig vorgesorgt: Zur Griechen-Aufnahme sagten zwar alle vor Emphase bebend „Ja!“, doch dann, ganz leise nuschelnd, schoben sie ein linkisches „aber“ hinterher. Für später. Für: Wenn alles schiefgeht.

Es ist alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte. Nun tragen die Pappenheimer ihr leises „Aber“ von damals plötzlich ganz laut vor sich her: „Niemand soll behaupten, wir hätten nicht gewarnt!“

Da sehen wir es: Sie haben allesamt mit gekreuzten Fingern zu uns gesprochen, ein Bein immer im Hintertürchen.

Manchmal kreuzen Politiker die Finger sogar doppelt, was sehr schmerzhaft sein muss. Aber was ein Arbeiterkampf-gestählter Sozialdemokrat ist, der steckt sowas weg: 2003 stellte uns die SPD voller Stolz ihre Hartz-Reform vor. Ab 2005 waren die Blassroten dagegen heftig bemüht, die Reform als Ausgeburt der Hölle zu geißeln, die mit ihnen eigentlich gar nichts zu tun hat. Und 2010? Nun auf einmal schieben sie sich wieder nach vorn und behaupten, ihre, die Hartz-Reform, habe das „Jobwunder“ erst möglich gemacht. Das kleine Hintertürchen ist zur schwungvollen Drehtür herangewachsen – durch welche die Sozialdemokraten schnell wieder verschwinden dürften, sobald sich die Arbeitslosenzahlen wieder verdüstern und „Hartz“ abermals zum Igitt-Wort wird.

Dann spätestens setzen sie sich wieder zur Talkshow zusammen und grübeln ganz zerknittert, warum die Deutschen ihrer Politik nicht stärker vertrauen als der jemenitischen Flughafenkontrolle. Wir sind ja auch manchmal ziemlich hart mit ihnen, obwohl die Politiker auf dem Weg zu mehr Ehrlichkeit doch auch Fortschritte machen. Früher hat man uns immer vorgelogen, dass die Tabaksteuer erhöht würde, damit wir weniger rauchen. Damit hat Schwarz-Gelb schlussgemacht. Mittlerweile räumen sie offen ein, dass sie das Geld benötigen für die Einhaltung ihrer „Sparziele“.

Was andererseits bedeutet: Sollten die Deutschen plötzlich auf ihre Ärzte hören, geriete die ganze Haushaltsplanung in Schieflage. Das hätte ungeahnte Folgen: Noch mehr Schulden verbauen nämlich der Jugend die Zukunft, sagen uns die Gelehrten. Und die Politik wiederholt es nur zu gern.

Wir ahnten ja gar nicht, wie wichtig die Qualmerei ist. Das sollte man auch mal der EU sagen, die einerseits immer mehr Geld will und andererseits mit immer schärferen Anti-Rauch-Verordnungen die Quelle des Segens gefährdet. Statt Anti-Raucher-Kampagnen zu starten, sollte man die jungen Leute rechtzeitig ans Nikotin gewöhnen, schon ihrer Zukunft wegen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren