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13.11.10 / Entsorgung: Öttinger macht Druck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-10 vom 13. November 2010

Entsorgung: Öttinger macht Druck

In die nach wie vor ungelöste Atommüllfrage ist unverhofft Bewegung gekommen – dank Brüssel. EU-Energiekommissar Günther Öttinger kündigte einen Gesetzentwurf an, der die 14 Mitgliedsstaaten mit Kernkraftwerken verpflichten soll, bis 2015 die Endlagerung abgebrannter Brennelemente zu regeln. Sollte die Vorlage Ministerrat und EU-Parlament passieren, wäre auch Deutschland unter Druck, die Erkundung des Salzstocks Gorleben zügig voranzubringen. Die Arbeiten waren zwar schon weit fortgeschritten, aber vor zehn Jahren durch ein rot-grünes Moratorium unterbrochen worden.

Öttinger drängt nun: „Es gibt keinen Grund, die Zeit zu verlängern, in der keine Entscheidung getroffen wird.“ Sein Vorstoß kam wohl nicht zufällig zeitgleich mit dem jüngsten Castor-Transport nach Gorleben. Dessen massive Behinderungen zielten nur vordergründig darauf, ob Gorleben als Endlager geeignet ist, in Wahrheit aber erklärtermaßen auf die Verlängerung der AKW-Laufzeiten. Die Kernkraftgegner wollen die Energiepolitik der Bundesregierung aushebeln, indem sie die – auch ohne Laufzeitverlängerung zwingend erforderliche – Endlagerung verzögern und verteuern.

In Europa steht Deutschland mit seinem erbitterten Streit um  die friedliche Nutzung der Atomkraft allein. In 14 EU-Ländern werden 140 Kernkraftwerke betrieben, davon 17 in Deutschland. Italien und Polen werden bald diesen Kreis erweitern. Und in Schweden, wo man nach Tschernobyl ebenfalls aussteigen wollte, ist man inzwischen wieder eingestiegen. Für die nunmehr geplanten AKW-Neubauten haben sich bereits zahlreiche Gemeinden als Standort beworben.    M.S.

 

Zeitzeugen

Jürgen Trittin – Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, geboren 1954,  war 1982 vom Kommunistischen Bund zur Alternativen-Grünen-Initiativen-Liste in Göttingen gestoßen. 1998 wurde er Bundesumweltminister im rot-grünen Kabinett Schröder. Maßgeblich wirkte er am Atomausstieg mit und nutzte sein Amt, um die Anti-AKW-Politik zu befördern. Auch durch widersprüchliche Entscheidungen: Einerseits stoppte er die Erkundung des Salzstocks Gorleben als nukleares Endlager, andererseits verfügte er Castor-Transporte nach Gorleben und wies jeden Protest dagegen energisch zurück. Heute will er davon nichts mehr wissen.

Norbert Röttgen – Der 1965 bei Bonn geborene Jurist trat als 17-Jähriger der CDU bei. Seit 1994 im Bundestag, schloss er sich den sogenannten „Jungen Wilden“ an, baute gute Kontakte über Parteigrenzen hinweg auf und nährt immer wieder den Verdacht, auf Schwarz-Grün auf allen Ebenen zu setzen. Vor einem Jahr machte  Kanzlerin Merkel ihn zum Bundesumweltminister. So muss er nun, sichtlich zögernd, die Laufzeitverlängerung vertreten. Als neuer Chef der NRW-CDU gehört Röttgen zu den Mächtigsten im Land.

Friedrich Niehörster – Der 61-jährige Polizeipräsident von Lüneburg leitet seit sieben Jahren die Einsätze bei Castor-Transporten. Einerseits bemüht er sich in Gesprächen mit Demonstranten um Deeskalation, andererseits lässt er keinen Zweifel, dass die Polizei gegen Straftäter entschlossen einschreiten muss. In diesem Jahr hatte er den größten Gorleben-Einsatz aller Zeiten mit 16000 Beamten zu leiten. Die Kosten von über 25 Millionen Euro – die Polizeigewerkschaft schätzt sogar 50 Millionen – trägt der niedersächsische und deutsche Steuerzahler.

Norbert Lammert – Der 1948 in Bochum geborene Bundestagspräsident hat sich auf eigenwillige Weise in die Diskussion um die Zukunft der Kernenergie eingeschaltet. Die Art und Weise, wie die Regierungskoalition die Laufzeitverlängerung im Bundestag behandelt habe, entspreche nicht seinen „Anforderungen an ordentliche Gesetzgebungsarbeit“ und trage „das Kainsmal des Rechtsbruchs“. Nach heftiger Kritik aus den eigenen Reihen ruderte Lammert zurück.


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