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13.11.10 / Tunnelblick der Schildbürger / Österreich hat Sorgen mit dem Bahnausbau – Umstrittene Tunnel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-10 vom 13. November 2010

Tunnelblick der Schildbürger
Österreich hat Sorgen mit dem Bahnausbau – Umstrittene Tunnel

In Österreich wird derzeit zwar nicht demonstriert, obwohl es nicht an umstrittenen Infrastrukturprojekten mangelt. Und so wie es sich bei Autobahnen immer wieder zeigt, kriegen auch bei der Eisenbahn koalitionstaktische und ideologische Argumente oft Vorrang vor der volkswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit.

Bei der Bahn setzte man nach 1945 primär auf Wiederaufbau und Elektrifizierung. Schwerpunkte waren West- und Südbahn – verständlich angesichts der politischen Lage bis 1989. Auch in Zubringer zu Fremdenverkehrgebieten wurde investiert. Erst in den letzten Jahrzehnten kam es wieder zu größeren Aus- oder Neubauten. Die Westbahn, Teil der Achse Paris–Stuttgart–Mün­chen–Wien–Budapest, ist teilweise bereits Hochgeschwindigkeitsstrecke. Der Ausbau nach Osten und Norden hinkt hingegen weiterhin nach.

Es gibt aber auch hier ein innovatives Großprojekt, nämlich die Verlängerung der russischen Breitspur in die Slowakei und weiter bis Wien. Wegen Russlands Finanzkrise 2008 liegt das derzeit allerdings auf Eis.

Umstritten sind heute vor allem Tunnelbauten. „Europäische Nord-Süd-Achse“ klingt gut, aber der Brenner-Basistunnel mit 55 Kilometern Länge ist nicht nur wegen vager Finanzierungszusagen und einer sehr langen Bauzeit fragwürdig: Wenn nicht zugleich ein Tunnel durch das Karwendelgebirge direkt nach Norden Richtung München gebaut wird, bleibt es beim Umweg durch das Inntal, und dieses bleibt eine Verkehrshölle. Zudem veranlasst eine um 20 Minuten verkürzte Fahrzeit Geschäftsreisende kaum zum Umstieg auf die Bahn und für den Güterverkehr ist sie belanglos angesichts der unvermeidlichen Stehzeiten. Aber selbst energiemäßig amortisieren würde sich der Tunnel erst nach Jahrzehnten.

Bereits in Bau ist der 33 Kilometer lange Koralm-Tunnel, den Jörg Haider während der ÖVP-FPÖ-Regierung durchsetzte. Die Neubaustrecke wird zwar die Fahrzeit zwischen Klagenfurt und Graz von drei Stunden auf eine verkürzen, aber rentieren wird sich die Investition wohl nie. Um den bis zu 30 Kilometer langen Semmering-Basistunnel, der die 1848 bis 1854 als Teil der Achse Wien–Triest gebaute Semmeringbahn (die erste Gebirgsbahn der Welt) ersetzen soll, wird hingegen seit Jahrzehnten gestritten. Die Steiermark ist dafür, Niederösterreich aus „Naturschutzgründen“ dagegen. Und seit dem EU-Beitritt gibt es ja bei Großprojekten eine weitere Instanz für endlose Verzögerungen.

Gegen den „Lainzer-Tunnel“ in einem Wiener Westbezirk regten sich lange Zeit Bürgerinitiativen aus Angst um die Häuser. Leider nicht darüber, dass der Tunnel Zubringer von der neuen Westbahn zum neuen Wiener Hauptbahnhof ist, der an der falschen Stelle gebaut wird: Er hat nämlich keine Anbindung an das U-Bahnnetz! Das wird zwar kritisiert, aber demonstriert wird nicht. Es sind ja weder Bäume noch Vogelbrutstätten betroffen, und gegen die SPÖ-Bonzen im Rathaus und im traditionell roten Infrastruktur-Ministerium ist man ohnehin machtlos.    R. G. Kerschhofer


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