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13.11.10 / Schweigen unterm Halbmond

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-10 vom 13. November 2010

Schweigen unterm Halbmond
von Hinrich E. Bues

Man muss sich diese Szene einmal in Duisburg-Marxloh vorstellen: Eine neunköpfige Mörderbande stürmt die Moschee während des Freitags-Gebetes, ermordet den Imam sofort und tötet eine Reihe weiterer Gläubigen. In eine Gruppe von Kindern und Frauen werfen sie drei Handgranaten. Schließlich stürmt die Polizei das Gebäude und die Attentäter sprengen sich in die Luft. Zurück bleiben 58 Tote und 36 Verletzte.

Genau das geschah am 1. November in Bagdad, als Al-Kaida-Terroristen eine syrisch-katholische Kirche stürmten. Und was hörten wir als Reaktion? Papst Benedikt drückte seinen Schmerz und seine Abscheu über das Attentat aus, aber die moslemische Welt schwieg bis heute. Soll man dies als stillschweigende Zustimmung oder als Gleichgültigkeit deuten? Wäre in Duisburg auch nur ein Brandsatz auf die leere Moschee geworfen worden, gäbe es wohl gewalttätige Proteste in islamischen Ländern und muslimische Verbände hierzulande wären außer sich.

Doch sie schweigen – ebenso wie Protestanten, Orthodoxe, Politiker und jüdische Vertreter. Man geht zur Tagesordnung über. Das ist das eigentlich Bedrückende und Skandalöse an diesem Attentat. Dabei reiht es sich ein in eine lange Kette christenfeindlicher Taten. Seit dem Sturz Saddam Husseins haben islamistische Terrorkommandos immer wieder Anschläge auf Christen verübt, wahllos christliche Familien erschossen und gezielt Kirchen gesprengt. Von den ursprünglich rund 1,2 Millionen irakischen Christen sind bereits mehr als zwei Drittel geflohen. Die Zurückgebliebenen leben in Angst und der katholische Erzbischof Jean Sleyman fürchtet, dass bald auch die letzten 400000 Christen fliehen. Dann wäre das Al-Kaida-Terrorkommando, das eine „Islamische Republik Irak“ forderte, seinem Ziel einen Schritt näher gekommen.

Nun ist das Christentum ohnehin die am heftigsten bekämpfte Religion dieser Welt. Rund 100 Millionen Christen in mehr als 50 Staaten (davon 40 islamische) werden heute diskriminiert, gefoltert oder getötet. Etwa 80 Prozent aller Menschen weltweit, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden, sind Christen. Im Irak findet die derzeit größte Christenvertreibung statt. Einige Medien rechtfertigen dies damit, dass die Christen ja eine „Bürgerkriegspartei“ und Verbündete der amerikanischen „Kreuzritter“ gewesen seien. Nichts ist falscher. Die Christen im Irak haben sich immer als „Bindeglied“ zwischen den streitenden muslimischen und kurdischen Parteien gesehen. Nun schlägt ihnen Feindschaft von fast allen Seiten entgegen. Ein Rätsel bleibt, warum uns das Schicksal der Christen im Irak so kalt lässt. Fehlt uns die Bereitschaft, sich für Unseresgleichen einzusetzen? Warum schweigen auch die christlichen Minister im Kabinett Merkel? Ein Zeichen wäre zumindest die weitaus großzügigere Aufnahme verfolgter Christen aus dem Irak.


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