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13.11.10 / Nur zwei Bilder überstanden Krieg / Werke des Italieners Caravaggio hatten ungeheure Prägekraft auf andere Maler – Ausstellung in Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-10 vom 13. November 2010

Nur zwei Bilder überstanden Krieg
Werke des Italieners Caravaggio hatten ungeheure Prägekraft auf andere Maler – Ausstellung in Berlin

Nachdem man vor etwa 100 Jahren den Maler Caravaggio und sein Werk wieder entdeckte hatte, schickte man seine Bilder auf Reisen. Kenner der Kunstszene sprechen mittlerweile augen-zwinkernd von Cara-viaggio, also Cara auf Reisen. Im Mittelpunkt einer Ausstellung in der Berliner Gemäldegalerie stehen jedoch zwei Werke aus eigenen Beständen.

Es ist dunkel in der Kathedrale, sehr dunkel, vor allem wenn man aus dem gleißenden mediterranen Sonnenlicht in das gewaltige Gotteshaus kommt. Es dauert einige Minuten, bis die Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt haben. Doch auch dann tastet man sich geradezu vorwärts, um die Kostbarkeiten zu entdecken, die in der St. John’s Co-Cathedral in Valletta auf Malta verborgen sind. Etwa 400 Ritter des Johanniter-Ordens liegen hier begraben. Ihre Grabplatten und ein Rundgang durch die Kapellen rechts und links des Hauptschiffes, die den Heiligen der jeweils stiftenden Landsmannschaften gewidmet sind, geben Einblick in einen Teil der bewegten Geschichte der Insel.

Ein Höhepunkt aber beim Besuch der Kathedrale ist der Anblick eines Bildes, das Michelangelo Merisi 1608 schuf, nach dem Herkunftsort seiner Eltern kurz Caravaggio (1571–1610) genannt. Die „Enthauptung des heiligen Johannes“ im Oratorium der Kathedrale ist ebenso düster wie die Umgebung. Geheimnisvolles Licht fällt auf die Gestalt, die Johannes den Täufer festhält, um dem auf dem Boden liegenden Mann die Kehle durchzuschneiden. Während eine jüngere Frau eine Schale bereithält, wohl um später den Kopf darauf zu legen, hebt eine ältere abwehrend die Hände an ihr Gesicht. In der Mitte des unteren Bildrandes ist Caravaggios Name zu finden, geschrieben in der Farbe des Blutes des Enthaupteten. Dem Künstler, der als Überwinder des Manierismus und Begründer der römischen Barockmalerei gilt, ist mit diesem Gemälde, das gemeinhin als sein Hauptwerk betrachtet wird, ein Bild voller Dramatik gelungen.

Man muss nun nicht bis nach Malta fahren, um ein Werk des Meisters betrachten zu können. Auch in Deutschland sind seine Bilder und die seiner Nachfolger zu bewundern. In deutschen Sammlungen gibt es noch zwei Gemälde Caravaggios: den „Amor als Sieger“ in der Berliner Gemäldegalerie und den „Ungläubigen Thomas“ der Bildergalerie von Schloss Sanssouci. Nur diese zwei von fünf überstanden den Zweiten Weltkrieg. Beide Bilder schuf Caravaggio für den Marchese Vincenzo Giustiniani; sie kamen im Jahr 1815 mit dem Ankauf der Sammlung Giustiniani nach Berlin.

Aus Anlass des 400. Todestages Caravaggios werden nun beide Bilder in einer Sonderausstellung der Gemäldegalerie präsentiert. Ihnen werden weitere Leihgaben, etwa Caravaggios Darstellung des „Johannesknaben“ aus der Pinacoteca Capitolina in Rom, zur Seite gestellt.

Das Modell für den Knaben ist offenbar das gleiche wie für den Amor. Es zeigt den damals zwölfjährigen Francesco Boneri. Die Sonderausstellung wird durch Arbeiten ergänzt, in denen die außerordentliche Prägekraft der revolutionären Kunst Caravaggios auf andere Maler sichtbar wird.

Bilder der Utrechter Caravaggisten, Gemälde von Caravaggios italienischen Zeitgenossen, Werke von Peter Paul Rubens und, schließlich, von Rembrandt sind zu sehen. Eine Dokumentation widmet sich den drei verlorenen Gemälden, die einst im Kaiser-Friedrich-Museum zu sehen waren, vermutlich aber während des Brandes im Flakbunker Friedrichshain Anfang Mai 1945, wohin sie ausquartiert worden waren, vernichtet wurden.

Einen Überblick über den Schatz europäischer Malerei, der in der Berliner Gemäldegalerie bewahrt wird, erhält man beim Studium eines Buches mit 200 der schönsten und bekanntesten Gemälde aus dieser einzigartigen Sammlung. Fast alle berühmten Meister der deutschen, holländischen, flämischen, niederländischen, italienischen, französischen, spanischen und englischen Malerschulen sind vertreten. Jedes Werk wird in einer großen Farbabbildung vorgestellt und ausführlich beschrieben und interpretiert. Ganzseitige Bildausschnitte einiger Werke eröffnen überraschende Einsichten in die dargestellten Welten, anhand von Vergleichsabbildungen werden übergreifende Zusammenhänge erläutert. – Entstanden ist ein faszinierender Überblick über die wichtigsten Etappen der Geschichte der europäischen Malerei.        Silke Osman

Die Ausstellung „Hommage für Caravaggio“ in der Berliner Gemäldegalerie, Kulturforum am Matthäikirchplatz, ist vom 12. November 2010 bis 6. März 2011 dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr geöffnet, Eintritt 8 / 4 Euro.

Staatliche Museen zu Berlin –Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Hg.): „Gemäldegalerie Berlin – 200 Meisterwerke der europäischen Malerei“, Nicolai Verlag, Berlin 2010, 3. aktualisierte Auflage, 496 Seiten, 265 farbige und 195 schwarzweiße Abbildungen, Broschur, 39 Euro


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