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20.11.10 / Politiker gegen Schöngeister / Verteidigungsminister zu Guttenberg will eine illusionslose Debatte über die deutsche Interessen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-10 vom 20. November 2010

Politiker gegen Schöngeister
Verteidigungsminister zu Guttenberg will eine illusionslose Debatte über die deutsche Interessen

Unerhörtes geht vor: Die Bundesrepublik formuliert erstmals eigene internationale Interessen, und das im Zusammenhang mit Handelswegen und Militäreinsätzen. Wie erwartet wurde der Tabubrecher, Vereidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, von grünen Radikalpazifisten massiv kritisiert. Doch dem Strahlemann schadet das nicht.

Ein Liebling der Massen, der Klartext redet und mit alten Tabus bricht: Nach dem Widerstand gegen die marktwirtschaftlich bedenkliche Opel-Rettung und nach der entschlossenen Bundeswehrreform mit Aussetzung der Wehrpflicht hat Karl-Theodor zu Guttenberg etwas angesprochen, was vernunftgeleiteten Beobachtern schon immer klar war, was aber in der Gutmenschen-Republik Deutschland offensichtlich ein Tabu ist: Dass der Exportvizeweltmeister Deutschland, nicht gerade mit eigenen Bodenschätze gesegnet, seine Handelswege notfalls mit militärischer Gewalt sichern muss. „Ressourcen- und Energiesicherheit sind vitale Interessen nahezu jedes Staates dieser Erde, auch der Bundesrepublik Deutschland, auch wenn dies manche Schöngeister nicht wahrhaben wollen“, betonte zu Guttenberg.

Der Aufschrei der militanten Pazifisten ließ nicht lange auf sich warten. Der Minister rufe zu Wirtschaftskriegen auf, behauptete das rot-grüne Lager. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin unterstellte ihm sogar „Kanonenbootpolitik“. Doch zu Guttenberg hat gute Argumente auf seiner Seite.

Im Weißbuch zur Sicherheitspolitik, das 2006, also lange vor seiner Zeit als Verteidigungsminister, verabschiedet wurde, wird unter anderem als Ziel definiert, „den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstandes zu fördern und dabei die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen überwinden zu helfen“. Artikel 87a des Grundgesetzes fasst es etwas enger: „Außer zur Landesverteidigung dürfen Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit das Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.“ Es besteht aber Konsens in Deutschland, dass Ausnahmen bei internationalen Einsätzen – zumal, wenn Sie mit Uno-Mandat abgesichert sind – zulässig sind. Die Behauptung der Grünen, der Minister breche die Verfassung, läuft schon deswegen ins Leere, weil zu Guttenberg ja keinen entsprechenden Einsatz plant oder gar führt, sondern nur eine Debatte angestoßen hat. Dagegen haben gerade die Grünen mit Außenminister Joschka Fischer an der Spitze während der rot-grünen Regierungszeit die ersten Kampfeinsätze der Bundeswehr in Serbien und Afghanistan beschlossen und damit das Verfassungsverständnis verändert.

Zu Guttenberg redet ja keineswegs unilateralen Wirtschaftskriegen das Wort. Die Bundeswehr wäre für solche Einsätze auch gar nicht ausgerichtet, wenngleich das Potenzial der deutschen Armee sich durch die Reform verbessern dürfte. Doch die Bundeswehr beteiligt sich bereits jetzt an der Uno-Mission „Atalanta“, dem Schutz von Handelsschiffen vor Piratenüberfällen vor dem Horn von Afrika. Die Mission dient auch zum Schutz der humanitären Hilfe in Somalia – einem gescheiterten Staat ohne wirksame Staatsgewalt, in dem kriegerische Clans und Bandenchefs das Faustrecht eingeführt haben.

Ein Handelskrieg müsste dort – konsequent zu Ende gedacht – zusätzlich ein Land-Mandat etwa an der somalischen Küste umfassen, um Piratennester und Banden zu zerschlagen. Aber daran wird nicht einmal ansatzweise gedacht. Stattdessen werden gefasste Piraten in sogenannten sicheren Dritthäfen ausgesetzt oder sogar nach Hamburg ausgeflogen, wo sie dann, auf Kosten des Steuerzahlers verköstigt, medizinisch behandelt und nach europäischen Standards untergebracht, auf ihren Prozess warten und sogar Asyl beantragen können.

Politisch bemerkenswert ist Folgendes: Bundespräsident Horst Köhler hatte eine ganz ähnliche Position vertreten und war von den Grünen in ähnlich massiver Weise angegriffen worden. Köhler, nicht an aggressiven politischen Disput gewöhnt, warf entnervt hin, weil auch die erhoffte Rückendeckung von Seiten der zaudernden Kanzlerin ausblieb.

Zu Guttenberg hingegen ist offenbar ein anderes Kaliber: Er weist die Anwürfe der Grünen zurück und bezeichnet sie als „Schöngeister“. Zurecht weist er darauf hin, dass er seine Position mindestens seit einem halben Jahr immer wieder vertreten habe – offenbar hatten die rot-grünen Radikal-Pazifisten ihm nie genau zugehört. Auch gegen das Weißbuch von 2006 „habe ich keinen Empörungsschrei gehört“, fügt er an. Die tieffliegenden Schlammbrocken der Grünen können ihm im öffentlichen Ansehen offensichtlich nichts anhaben: Sie perlen an ihm ab.

Auffällig ist außerdem das Faktum, dass mit Guttenberg endlich ein deutscher Regierungspolitiker den Begriff „deutsche Interessen“ in den Mund genommen hat. Und dies nach Jahrzehnten, in denen der Kriegsverlierer Deutschland nach herrschender Meinung keine eigenen Interessen haben oder formulieren durfte. Wenn sich zu Guttenberg durchsetzt, ist ein großer Schritt hin zur Entkrampfung Deutschlands geschafft. Von Bundeskanzlerin Merkel fehlen zu der Sache allerdings bislang klare Worte.            Anton Heinrich


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