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20.11.10 / Materialismus oder Religion?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-10 vom 20. November 2010

Gastbeitrag
Materialismus oder Religion?
von Manfred Ritter

Der Kampf der Kulturen ist bereits in vollem Gange. Europa hat einem kämpferischen Islam immer weniger religiöse Überzeugung entgegenzusetzen. Wenn sich hier nichts ändert, ist das Ende des „christlichen Abendlandes“ absehbar.

Die Geschichte hat gezeigt, dass Kulturen auf Dauer ohne die Bindekräfte einer Religion nicht existieren können. Diese Erkenntnis hindert viele Medien in Europa nicht daran, die Kirchen ständig offen oder unterschwellig anzugreifen und so die moralischen Fundamente der Gesellschaft zu untergraben. Die für diese destruktive Propaganda Verantwortlichen wollen offenbar ihre materialistische Weltanschauung zur „Staatsreligion“ machen und die letzten konservativen Positionen zerstören.

Die Kirchen sollten sich daher nicht dem von ihren Gegnern diktierten Zeitgeist unterwerfen, sondern sich offensiv mit dem Materialismus auseinandersetzen. Sie sollten sich dabei aber nicht nur auf den Glauben berufen, sondern auch Argumente vorbringen, die für einen göttlichen Schöpfer des Lebens sprechen.

Das materialistische Weltbild verspricht dem Menschen zwar die Freiheit von religiöser Bevormundung und gibt ihm die Illusion, der Mittelpunkt der Welt zu sein. Diese Illusion zerbricht allerdings an der naturwissenschaftlichen Erkenntnis. dass die Erde nur ein „Staubkorn“ im Universum ist und dass der Mensch deshalb jedenfalls hinsichtlich seiner Größe und Lebenszeit bedeutungslos ist. Der Materialismus kann den Menschen daher zu einem hemmungslosen Egoismus verhelfen, aber darüber hinaus keinen Sinn für ihr Leben vermitteln. Diese deprimierende Sinnlosigkeit macht ihn destruktiv für Menschen und Gesellschaft. Das Bedürfnis nach einer sinnvollen Existenz treibt Materialisten deshalb oft zu politischen „Ersatzreligionen“, die das Paradies auf Erden verheißen, aber im schlimmsten Fall Millionen Menschen das Leben kosten. Das materialistische Weltbild ist daher weder für die menschliche Psyche noch für eine funktionsfähige Gesellschaftsordnung geeignet.

Für das christliche Weltbild, dessen Zielrichtung in der Ewigkeit liegt, spielt die zeitliche und materielle Bedeutungslosigkeit der irdischen menschlichen Existenz dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Es kann den Menschen daher einen Sinn für ihr Leben bieten und ihnen eine Zukunft nach dem Tod versprechen. Dies ist jedenfalls weitaus humaner als das materialistische Weltbild, das letztlich ins Nichts führt.

Die populärste „Waffe“ gegen die Religion ist Darwins Evolutionstheorie. Dabei wird übersehen, dass es unter religiösen Gesichtspunkten unerheblich ist, ob Darwins Theorie zutrifft. Denn bei ihm geht es nur um die Frage, wie ein möglicher Schöpfer seine Geschöpfe entstehen lässt, nicht aber um die alles entscheidende Frage, ob man dazu überhaupt einen Schöpfer benötigt.

Die zentrale Frage lautet: Müsste man auf der Erde nur lange genug warten, damit nach den Naturgesetzen und dem Zufallsprinzip aus toter Materie Leben und Evolution entstehen, oder bedarf es hierzu eines göttlichen Willens? Zumindest sind bisher alle Versuche der Wissenschaftler gescheitert, künstlich komplexere Lebensformen aus der Retorte herzustellen. Zum Leben scheint offenbar mehr zu gehören als nur Materie. Dafür spricht unter anderem die unglaubliche Komplexität höherer Lebensformen, die über eine Organisationsstruktur verfügen, die viel umfangreicher ist als die einer Automobilfabrik. Allein die unzähligen chemischen und physikalischen Prozesse, die ständig im menschlichen Körper ablaufen und richtig gesteuert werden müssen, sind so kompliziert, dass sich die Frage aufdrängt, wie so etwas überhaupt möglich ist. Ein noch gewaltigeres Wunder ist die Reproduktion des Lebens wie zum Beispiel die Entwicklung einer befruchteten Eizelle zum Menschen. Dass dies alles allein durch chemische und physikalische Abläufe entstehen kann, erscheint selbst bei Annahme einer beliebig langen Zeitspanne für die Entwicklung des Lebens nahezu ausgeschlossen.

Ein wichtiger Aspekt, der bisher nur wenig Beachtung fand, ist der Heroismus, der hinter allem Leben steht. Diesen wird man allein mit „materiellen“ Argumenten nicht überzeugend erklären können. Jedes Leben existiert nur durch einen ständigen „Kampf gegen die Naturgesetze“. Es muss sich gegen die Schwerkraft, ein oft feindliches Klima und die Gefahren durch Krankheiten und Nahrungsmangel durchsetzen.

Normalerweise „erduldet“ die Materie aber nur, was sie aufgrund chemischer und physikalischer Naturgesetze erdulden muss. Sie verhält sich also passiv. Wenn das Leben bequem „mit dem Strom“ der Naturgesetze schwimmen würde, könnte man noch eher an eine automatische Entstehung und Entwick-lung des Lebens glauben. Das Faktum eines aktiv „ums Überleben kämpfenden Lebens“ läuft hingegen der naturwissenschaftlichen Logik zuwider und wirft die Frage nach einem Eingreifen aus einer nicht materiellen Ebene und damit nach einem Schöpfer auf.

Auch die kreativen Fähigkeiten des Menschen liefern Argumente für einen geistigen Hintergrund des Lebens. Diese Fähigkeiten sind bisher auch den leistungsfähigsten Computern weit überlegen. Wenn man darüber hinaus die gewaltigen schöpferischen Werke der großen Genies der Menschheit betrachtet (besonders auf dem Gebiet der Kunst), darf man sogar bezweifeln, ob diese allein auf den Leistungen des organischen menschlichen Hirns beruhen. Wer die phantastische Qualität der hier geschaffenen Werke richtig zu würdigen versteht, wird eher eine geistig-kreative Ebene dahinter vermuten, die jenseits eines „materiellen Organismus“ angesiedelt ist. Es erscheint sogar so, als würde der Mensch von dieser Ebene aus wie ein Medium inspiriert.

Da das Leben als ständiger Kampf konstruiert ist, kann man die Erde auch nicht zu einem bequemen Paradies machen. Allerdings sollten alle, die einen Schöpfer anerkennen, konsequenterweise auch dessen Schöpfung nach besten Kräften unterstützen. Dazu gehört auch die Sorge für die Mitmenschen. Dies gibt dem Leben einen Sinn und hebt es auf eine höhere Ebene.

Die materialistische Ideologie, die bereits den Kommunismus zu Fall gebracht hat, droht nun auch unser marktwirtschaftliches System zugrunde zu richten, da viele seiner führenden Vertreter auf das Allgemeinwohl immer weniger Rück-sicht nehmen und so den Ast absägen, auf dem sie sitzen. Die Führungsschichten in den westlichen Industrieländern bestehen oft aus überzeugten Materialisten. Sie haben sich von religiösen Bindungen und damit von allen moralischen Skrupeln befreit und lassen sich nun oft von hemmungslosem Egoismus antreiben. Ihre Ersatzreligion ist Geld und Macht. Rücksicht auf das Gemeinwohl entfällt. Dieser moralische Verfall lässt sich nur aufhalten, wenn es gelingt, religiöse Überzeugungen wieder bei allen Bevölkerungsschichten „salonfähig“ zu machen.

Sollen wir darauf warten, dass der Islam diese Aufgabe übernimmt?

Manfred Ritter ist Jurist und hat in der „FAZ“ und der „Welt“ publiziert. Außerdem hat er Bücher über den Asylmissbrauch („Sturm auf Europa“, 1990) und über die Wirtschaftspolitik („Armut durch Globalisierung – Wohlstand durch Regionalisierung“; gemeinsam mit Klaus Zeiler, 2000) verfasst.


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