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20.11.10 / Original und Fälschung / Für die einen ist das Kopieren großer Meister ein Skandal, für die anderen ein gutes Geschäft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-10 vom 20. November 2010

Original und Fälschung
Für die einen ist das Kopieren großer Meister ein Skandal, für die anderen ein gutes Geschäft

130 gefälschte Meisterwerke hat die portugiesische Polizei jetzt in Lissabon sichergestellt. Die Gemälde trugen gefälschte Signaturen von Leonardo da Vinci, Pablo Picasso oder Marc Chagall. Auch die sichergestellten Zertifikate waren gefälscht.

Immer wieder geistern Presseberichte durch die Lande, in denen vor Kunstfälschern gewarnt wird. So manches Museum musste schon eingestehen, auf solch einen Fälscher hereingefallen zu sein. Als vor Jahren Konrad Kujau und seine gefälschten Hitler-Tagebücher den deutschen Blätterwald geradezu zum Rauschen brachten, da meinte allerdings so mancher mit einem schadenfrohen Grinsen, es gebe Zeiten, da wolle die Welt eben betrogen sein.

Gerade hat ein neuer Fälschungsskandal den Kunstmarkt erschüttert. Aus einer angeblichen „Sammlung Jägers“ waren unter anderem Werke von Heinrich Campendonck, Max Pechstein und Max Ernst in den Handel gekommen. Sie hatten sich als falsch oder zumindest zweifelhaft erwiesen. Der Schaden soll bei schätzungsweise 80 Millionen Euro liegen.

Aufgeflogen waren die Fälscher – zumindest bei dem Campendonck-Bild –, weil der Käufer bei einer technischen Analyse feststellte, dass es das Titanweiß, das verwendet wurde, 1914, dem angegebenen Entstehungsjahr, noch nicht gab. Der Käufer verlangt jetzt natürlich sein Geld zurück, immerhin 2,9 Millionen Euro. Nun stellt sich die Frage, ob Auktionshäuser fahrlässig mit den Angeboten umgegangen sind.

Es ist meist ein langwieriger Vorgang, bis ein Kunstwerk überhaupt auf den Markt gelangt. Zunächst prüfen Fachleute nach Augenmerk, ob das Gemälde dem angegebenen Maler überhaupt entspricht. Manche erkennen mit bloßem Auge Auffälligkeiten auf der Oberfläche. Dann wird mit UV- und Infrarotlicht die Malstruktur bestimmt. Aufwändige physikalisch-chemische Analysen werden erst dann vorgenommen, wenn ein Verdacht der Fälschung vorliegt. Wichtig ist auch die Provenienz eines Bildes, die Stationen also, die es vom Atelier des Künstlers bis zum jetzigen Besitzer genommen hat.

Schließlich aber hat ein kunst-historischer Experte das letzte Wort; er kennt sich meist mit dem Œuvre des Künstlers aus. Doch selbst für echte Kenner kann es schwierig sein, zwischen Original und Fälschung zu unterscheiden. So legte man Picasso einmal eine Reihe Bilder vor, die er allesamt als seine eigenen identifizierte. – Sie waren jedoch alle gefälscht.

 „Der typische Vorgang läuft so ab: Das Werk taucht auf aus dem Dunkel, wird bewundert, dann durchschaut, verurteilt und sinkt in den Orkus. Es hinterlässt nichts als schweigende Scham bei den Beteiligten“, hat der Kunsthistoriker Max J. Friedlaender bereits vor 90 Jahren gesagt.

Anders lief es bei einem Fälschungsskandal in der noch jungen Bundesrepublik ab. Anfang der 1950er Jahre zeigte sich der 1913 in Königsberg geborene Maler Lothar Malskat selbst an und bekannte, die gotischen Fresken in der Lübecker St. Marienkirche stammten von seiner Hand. Im Auftrag des Restaurators Fey hatte er bereits in den 30er Jahren im Schleswiger Dom ein solches Werk vollbracht und Fresken geschaffen, die von Kunsthistorikern über die Maßen gelobt wurden.

„Ich erhielt den Auftrag, gotische Kirchen gotisch auszumalen. In Bausch und Bogen wurden fast alle meine kirchlichen Wandmalereien für Werke eines unbekannten mittelalterlichen Genies vor aller Welt ausgegeben.“

Malskat wurde damals zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt (der mitverantwortliche Auftraggeber zu 20 Monaten), die er zur Hälfte in Neumünster absaß, bevor er wegen guter Führung entlassen wurde. Danach zog er sich in die Abgeschiedenheit des Deepenmoors bei Lübeck zurück, wo er bis zu seinem Tod 1988 weiter malte – diesmal allerdings eigene Motive mit seiner Signatur.

Malskat war kein Dilettant, er hatte an der Königsberger Kunstakademie sowie an der dortigen Kunst- und Gewerkschule studiert. Auch die Brüder Eugen, Michael und Semjon Posin, die in Berlin-Neukölln als offizielle Kopisten arbeiten, haben ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Die drei Russen betreiben seit 2001 den Kunstsalon Posin und bieten auf ihrer Internetseite „Kopien und Fälschungen (mit Zertifikat), Alte Meister, Impressionisten, Expressionisten und weiterer Kunstrichtungen entsprechend Kundenwunsch; Restaurierung alter und neuer Gemälde; Ikonenmalerei“ an. Alle drei haben eine akademische Kunstausbildung und sind für „krumme Geschäfte“ nicht zu haben. Sie „fälschen“ ausschließlich Bilder, deren Maler seit mehr als 70 Jahren tot sind, und nur für Privatkunden, die Bilder nicht als Geldanlage sehen, sondern sich an ihnen erfreuen wollen. Silke Osman


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