20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.11.10 / Großer Blutzoll unter den Priestern / Märtyrer des Erzbistums Breslau im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-10 vom 20. November 2010

Großer Blutzoll unter den Priestern
Märtyrer des Erzbistums Breslau im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Aufgrund des großen Interesses, auf das unsere Serie über ostpreußische Märtyrer gestoßen ist, folgen wir gerne der Anregung aus unserem Leserkreis, doch auch einmal Märtyrer aus anderen Vertreibungsgebieten vorzustellen. Heute machen wir einen Anfang mit Schlesien.

Oft steht die Behauptung im Raum, die katholische Kirche habe die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht genügend angeprangert. Dabei vermittelt ein Blick auf die damaligen Geschehnisse im schlesischen Erzbistum Breslau einen ganz anderen Eindruck. Der Erzbischof wagte durchaus Kritik und der Blutzoll unter den Priestern war groß.

In Breslau residierte eine prominente Person der katholischen Kirche, der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenz Adolf Kardinal Bertram. Nach der päpstlichen Enzyklika „Mit brennender Sorge“ vom 14. März 1937 beklagte er in einem Brief vom 26. März an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten Hanns Kerls „den vielfältigen, verdeckten und offenen Kampf gegen das Christentum“ seitens des nationalsozialistischen Regimes. Dieser Kampf bedrohe „das Wohl und die Interessen des deutschen Staatswesens mit unheilvollem Schaden“.

Solche Schreiben konnten in dieser Zeit auch für einen Bischof fatale Folgen haben. Noch schlimmer traf es meist aber den niederen Klerus. Katholische Priester und andere Gegner der NS-Weltanschauung waren einer ohnehin argwöhnischen Observierung ausgesetzt. So wurde beispielsweise der Erzpriester der Pfarrei St. Vinzenz in Breslau, Paul Brosig, am 21. Juli 1937 von der Gestapo verhaftet, weil er angeblich den von einem „Michael Germanikus“ publizierten „Offenen Brief“ an Reichspropagandaminister Joseph Goebbels weitergegeben haben sollte. Goebbels hatte eine kirchenfeindliche Rede gehalten, was der besagte Germanikus unter Pseudonym kritisiert hatte. Nach drei Wochen wurde Pfarrer Brosig zwar aus der Untersuchungshaft entlassen, aber die Torturen der Gestapo-Haft waren so schwerwiegend, dass er 1944 im Alter von nur 55 Jahren an den Folgen verstarb.

Ein anderer Pfarrer des Breslauer Erzbistums starb schon im Alter von 38 Jahren im Konzentrationslager Dachau. Klemens Galocz übernahm nach seiner Priesterweihe im Oktober 1938 die Pfarrei Wendrin im Kreis Teschen in Oberschlesien. Als Gegner der NS-Ideologie geriet er keine zwei Jahre später in die Fänge der Geheimen Staatspolizei. Am 23. April 1940 wurde er verhaftet und ein gutes halbes Jahr später in das berüchtigte Konzentrationslager in Dachau gebracht. Dort saßen zeitweise im sogenannten „Priesterblock“ 2500 Geistliche aller christlichen Konfessionen ein. Dieses auch als „Hölle auf Erden“ bezeichnete Lager der Nationalsozialisten überlebte Galocz keine zwei Jahre. Er starb im November 1942 an den dort erlittenen Torturen.

Ein ähnliches Schicksal hatte auch der 1891 im oberschlesischen Ratibor-Altendorf geborene Pfarrer Dr. Anton Korczok. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges engagierte er sich besonders für die polnischen Zwangsarbeiter in Gleiwitz, denen er trotz Verbot in polnischer Sprache die Beichte abnahm. Den Anlass zu seiner Verhaftung am 24. August 1940 gab schließlich ein Beileidsbrief des Pfarrer von Sosnitza (Oehringen) an einen Bergbaubeamten, dessen Sohn gefallen war. Hierin hatte der Geistliche nicht nur Trost zu spenden versucht, sondern gleichzeitig an den Adressaten appelliert, das seiner Familie widerfahrene Leid zum Anlass für die Rückkehr zum Glauben und zur Kirche zu nehmen. Kurz darauf erschien in der Zeitung „Das schwarze Korps“ ein verleumderischer Artikel, der den Gleiwitzer Priester („Korczok, der Anreißer“) des Proselytismus (Abwerben von Gläubigen aus anderen Konfessionen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften) und Alkoholismus bezichtigte. Auch im „Stürmer“ war ein Artikel zu finden („Korczok, der Seelenfänger“). Am 24. August 1940 verhaftete die Gestapo den Priester und im September 1940 wurde er in das KZ Dachau eingewiesen und zum Kohleverladen abgestellt. Weil er seine Mitgefangenen zum Gebet versammelte, wurde er zweimal gefoltert und zu noch schwererer Arbeit verurteilt. Als schließlich gerichtlich seine Unschuld festgestellt worden war und seine Entlassung unmittelbar bevorstand, wurde er auf Geheiß der Gestapo am 5. Februar 1941 von Lageraufsehern erschossen.   Hinrich E. Bues

Nach „Zeugen für Christus – Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“, herausgegeben von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, 4., vermehrte und aktualisierte Auflage, Paderborn 2006.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren