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20.11.10 / Ausflüge in die Vergangenheit / Veteranen der Publizistik erinnern sich an alte Zeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-10 vom 20. November 2010

Ausflüge in die Vergangenheit
Veteranen der Publizistik erinnern sich an alte Zeiten

Vier Veteranen der deutschen Publizistik haben „sentimentale Anflüge“, aus denen ein „Lexikon der eigenen Vergangenheit“ resultierte. Alle vier Autoren sind „in Westdeutschland aufgewachsen“, haben also Mittel- und Ostdeutsches fast gänzlich übersehen. Das stellt sich spätestens beim Stichwort „Tschernobyl“ als Mangel heraus, was die Autoren mit mildem Zynismus abhaken: Es hatte „in Deutschland ... zum Glück keine gesundheitlichen Auswirkungen“. Was sonst in ihr „Lexikon“ Eingang fand, verrät weder Sinn noch Konzept oder gar Geist: Die „Arbeiterrückfahrkarte“ war „die Vorläuferin der Pendlerpauschale“.

Von den vier Autoren haben sich wohl drei darum gerauft, möglichst viele ihrer Geistesblitze ins Büchlein zu zwängen. Der vierte, der pointensichere Polemiker Henryk M. Broder, hielt sich zurück. Nur zwölf angenehm überraschende Beiträge sind von ihm: Beispielsweise hat das „gesunde Volksempfinden“ für ihn nicht mehr das Rüchlein „nach Masse, Mob und Mord“, sondern ist ein Synonym für links-geschmäcklerische Hysterie, wie sie in Fraktionen und Redaktionen gegen Thilo Sarrazin wütet. Gar in Kombination mit „Political Correctness“ führt es zu „Wahrnehmungsstörungen und Realitätsverschiebung“. Broder steckt auch hinter dem Hit des Buchs: „Klappstulle“ – ein kurzer Text, den man nur noch genüsslich schlürfen mag, vor allem in seinem weiten Ausholen: „So ist das Hasenbrot der arme Verwandte der Klappstulle, die ihrerseits dem Sandwich, der Ciabatta, dem Wrap, der Pita und dem Burger weichen musste.“

Die anderen Texte sind mehrheitlich lahme Anhängsel zu wild zusammengerauften Stichworten: Adenauer, Anhalter, Backfisch,

Diavortrag, Ente, Feierabend, Hausmeister, Hüfthalter, Kinomaler, Latzhosen und so weiter bis Zigarettenspitze. Die Auswahlkriterien bleiben Geheimnis der Autoren – das Alter der Wörter, dem der unvergessene Linguist Uwe Förster (1935–2002) viel Forscherfleiß widmete, interessiert sie nicht. Von Sprachgebrauch haben sie wenig Ahnung.

Eines muss man den Autoren zugutehalten: Sie sind keine „Intellektuellen“ mit deren „Hass auf Amerika“ und „Ressentiments gegen Israel“ und erst recht keine Ideologen: „Gern würden wir den Sozialismus zu den ausrangierten Irrtümern des 20. Jahrhunderts zählen, aber er stirbt nicht aus.“ Wolf Oschlies

Michael Miersch, Henryk M. Broder, Josef Joffe, Dirk Maxeiner: „Früher war alles besser – Ein rücksichtsloser Rückblick“, Knaus Verlag, München 2010, gebunden, 223 Seiten, 16,90 Euro


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