© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Moskau zögert
Nato-Gipfel: Neuer Anlauf zu gemeinsamer Raketenabwehr

Die weitere Verbesserung der Beziehungen mit Russland und ein neues strategisches Konzept – das sind die beiden wichtigsten Ergebnissen des Nato-Gipfels in Lissabon. Kritischer Punkt der weiteren Zusammenarbeit mit Moskau wird die Raketenabwehr bleiben. Obamas Vorgänger George W. Bush hatte noch vergeblich versucht, Russland davon zu überzeugen, dass der geplante Abwehrschild keineswegs gegen Russland, sondern gegen Risiken etwa aus dem Iran oder Nordkorea gedacht sei. Nun soll das veränderte Konzept doch zusammen mit Russland umgesetzt werden. Präsident Medwedew sicherte jedenfalls zu, das geplante Verbundsystem zur Abwehr ballistischer Raketen zu prüfen. Eine direkte Zusage wollte er nicht geben, dazu sei das modifizierte Konzept noch zu neu und in den Kosten zu wenig absehbar. Entscheidend für Russland sind aber strikte Gleichberechtigung bis hin zur gemeinsamen Entscheidungsverantwortung. Hier können noch viele Differenzen aufbrechen, auch wenn niemand in der Nato eine Neuauflage der Konfrontation mit Russland wie in den Tagen des Georgienkonfliktes von 2008 möchte.

Aus türkischer Sicht ärgerlich war, dass Frankreichs Präsident Sarkozy bei der Tagung den Iran als Hauptgrund für das Raketenabwehrprogramm beim Namen nannte – Ankara sucht gute Beziehungen auch mit Teheran.

Im neuen Nato-Konzept werden als künftige Bedrohungen die Verbreitung von Raketen und Massenvernichtungswaffen, außerdem Terrorismus, Piraterie, Cyber-Angriffe und die Energiesicherheit genannt. Zum großen Thema Afghanistan nennt die Nato nun verstärkt das Jahr 2014 als Zeitpunkt der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Regierung in Kabul. Die Militärpräsenz selbst ist nicht befristet.        K.B.