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27.11.10 / Droht ein Flächenbrand? / Tarnen und Täuschen im Nahen Osten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Droht ein Flächenbrand?
Tarnen und Täuschen im Nahen Osten

Zuletzt war zwar wieder einmal die Währungskrise im Blickpunkt der Öffentlichkeit, nicht das Pulverfass Nahost, wo ein israelischer oder amerikanischer Angriff auf den Iran im Raum hängt. Aber dabei entsteht der Eindruck, dass hier nur abwechselnd mit einem Problem vom anderen abgelenkt wird, um die Freiheit der Bürger und die Souveränität der Staaten jeweils noch weiter beschneiden zu können.

In der Iranfrage zeigt sich jedenfalls ein seltsames Phänomen: Israel und die USA kehren die iranische Aufrüstung hervor – und der Iran tut dasselbe. Mit Ausnahme der vom Westen behaupteten Atomrüstung. Und beide Seiten scheinen arg zu übertreiben – bloß mit unterschiedlichen Zielen: Der Iran will die in den letzten Jahrhunderten erlittenen Demütigungen kompensieren, die eigenen Leute bei der Stange halten und vielleicht auch ein wenig die andere Seite abschrecken. Und Israel trachtet, den Europäern Angst vor der iranischen Bombe zu machen, um auf vorbehaltlose Parteinahme zu drängen. Und das trägt Früchte, wie auch der beim Nato-Gipfel beschlossene „Raketenschild“ gegen nicht existente iranische Interkontinental-Raketen zeigt.

Auffallend ist die zwiespältige Haltung Russlands, das die Iran-Sanktionen mitbeschlossen hat und teilweise mitträgt, so mit dem Lieferverbot für die vor Jahren bestellten S-300-Luftabwehrsysteme. Auf anderen Gebieten ist die Kooperation aber weiter aufrecht, und diese Gratwanderung deutet darauf hin, dass es in der Haltung zu islamischen Ländern einige Differenzen zwischen Präsident Dimitrij Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin gibt.

Prompt nach der S-300-Absage hat der Iran übrigens eine „gleichwertige“ Eigenentwicklung vorgestellt – und ähnlich wie bei anderen Waffen sind alle Seiten daran interessiert, dass das Publikum den Unterschied zwischen einer Testversion und einem einsetzbaren System nicht begreift.

Da auch namhafte Fachleute in Israel und den USA vor einem Angriff auf den Iran warnen – er würde nebenbei viele Gegner des Regimes mit diesem solidarisieren – ist die Konfliktgefahr in den von Israel besetzten Gebieten und in deren Nachbarschaft derzeit weitaus akuter: Einerseits können extremistische jüdische „Siedler“ und arabische Splittergruppen jederzeit einen unkontrollierbaren Flächenbrand auslösen mit Folgen auch für die Regierungen in Ägypten, Jordanien und anderen mit dem Westen liierten Staaten. Andererseits will das „internationale“ Hariri-Tribunal, das einst als Instrument gegen den Iran-Verbündeten Syrien eingesetzt wurde und dessen Anschuldigungen gegen Syrien sich inzwischen als haltlos erwiesen haben, die Blamage unbedingt auswetzen.

Deshalb macht es nun namhafte Mitglieder der ebenfalls mit dem Iran verbündeten libanesischen Hisbollah-Partei und -Miliz für den Mord an Ex-Premier Rafik Hariri verantwortlich und will Anklage erheben. Genau das aber droht den Libanon erneut in einen Bürgerkrieg zu stürzen. R. G. Kerschhofer


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