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27.11.10 / Bezaubert von Paris / Das »Käthe Kollwitz Museum Köln« zeigt außergewöhnliche Werke seiner Namensgeberin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Bezaubert von Paris
Das »Käthe Kollwitz Museum Köln« zeigt außergewöhnliche Werke seiner Namensgeberin

Im 25. Jahr seines Bestehens zeigt das „Käthe Kollwitz Museum Köln“ eine Ausstellung mit Werken seiner Namensgeberin. Unter dem Titel „Paris bezauberte mich“ sind Werke zu sehen, die für die Königsbergerin ungewöhnlich sind.

Großes Erstaunen in der Kunst- und Museumsszene löste 1985 die Meldung aus, die Kreissparkasse Köln am Neumarkt eröffne ein Käthe-Kollwitz-Museum. War man doch noch nicht so sehr damit vertraut, dass ein Geldinstitut – neben den inzwischen zur Gewohnheit gewordenen Ausstellungen verschiedener Künstler –auch Museumsarbeit leistet. Gerade rechtzeitig zum 40. Todestag der am 8. Juli 1867 in Königsberg geborenen Bildhauerin und Grafikerin wurde das Museum, oder besser gesagt die Sammlung, wie die Initiatoren die Zusammenstellung der Skulpturen, Druckgrafik und der Handzeichnungen be-zeichneten, einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Sammlung der Sparkasse umfasste damals 15 Skulpturen, meist in frühen Güssen, 60 Blätter Druckgrafik, darunter die bekannten Zyklen „Weberaufstand“ und „Bauernkrieg“, aber auch Einzelblätter, und vor allem 96 Handzeichnungen, die ohne Zweifel den Schwerpunkt der Kölner Sammlung darstellten. „Die eigene Note gegenüber allen anderen Kollwitz-Sammlungen liegt bei der Kölner in ihrer Intimität, in der sympathischen Menschlichkeit, wenn sie auch nicht des Monumentalen, das die Schöpfungen der Künstlerin weithin auszeichnet, entbehrt“, las man damals im Katalog der Handzeichnungen. Hans-Joachim Möhle, damals Vorsitzender des Vorstands der Kreissparkasse Köln, erläuterte die Entstehung der Sammlung. Begonnen hatte alles 1976, dem Jahr übrigens, da sich die Ostpreußen zu ihrem Bundestreffen in der Rheinmetropole versammelten. Während einer Ausstellung in ihrer Hauptstelle am Neumarkt erwarb die Kreissparkasse zwei erste Lithografien der Kollwitz; im Laufe der Jahre konnten dann zwei umfangreiche Privatsammlungen zusammengelegt werden. Auf diese Weise wurde verhindert, dass die Werke der Kollwitz in alle Winde verstreut wurden. Nachdem das Museum zunächst in Räumen der Hauptstelle am Neumarkt untergebracht war, konnte es bereits Anfang 1989 ein neu errichtetes Domizil im Obergeschoss der Neumarkt Passage beziehen. Hier ist auf 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche eine optimale Präsentation nach modernen konservatorischen Gesichtspunkten gewährleistet. Über 800000 Besucher seit Eröffnung, darunter auch ein hoher Prozentsatz ausländischer Besucher, bezeugen eine für eine graphische Sammlung ungewöhnlich hohe Akzeptanz. Der Bestand des Museums umfasst inzwischen – nach 25 Jahren engagierter Sammeltätigkeit – neben dem kompletten plastischen Werk 280 Zeichnungen und rund 500 druck-grafische Blätter sowie alle Plakate.

Aus Anlass des 25-jährigen Bestehens zeigt das Käthe-Kollwitz-Museum in einer rund 160 Werke umfassenden Ausstellung Käthe Kollwitz im Kreise von Impressionisten und Neo-Impressionisten. Die schönsten farbigen Lithografien, einmalige Aktzeichnungen und sensible Plastiken werden Werken unter anderem von Edgar Degas, Auguste Rodin und Pierre Bonnard gegenübergestellt.

Zweimal, 1901 und 1904, besuchte Käthe Kollwitz Paris, das Zentrum der Moderne um die Jahrhundertwende. „Das Jahrzehnt zwischen 30 und 40 war ein sehr glückliches in jeder Beziehung“, schreibt sie 1941 in ihren Erinnerungen „Rückblick auf frühere Zeit“. „Wir hatten, was wir zum Leben brauchten, die heranwachsenden Kinder gediehen, Reisen wurden gemacht. So war ich in diesen Jahren zweimal in Paris. Das erstemal nur kurz, einer Einladung von Lily und Heinrich Braun folgend, das zweitemal länger. Paris bezauberte mich. An den Vormittagen war ich in der alten Julianschule in der Klasse für Plastik, um mich mit den Grundlagen der Plastik vertraut zu machen. Die Nachmittage und Abende war ich in den Museen der Stadt, die mich entzückte, in den Kellern um die Markthallen herum oder in den Tanzlokalen auf dem Montmartre, oder im Bal Bullier. Eine Kollegin von mir, Ida Gerhardi, war Abend um Abend da, um Skizzen zu machen. Die Kokotten kannten sie und gaben ihr immer ihre Sachen, während sie tanzten, zur Aufbewahrung … Speisen taten wir abends in einem dieser großen Lokale, wo die Künstler in Masse, nach ihrer Nationalität zusammensitzend, aßen, auf dem Boulevard Montparnasse.“

In der Ausstellung sind nun außergewöhnliche Arbeiten von Käthe Kollwitz zu sehen, die vor allem für ihr soziales Engagement bekannt wurde. Gemeinhin verbindet man ihren Namen mit Darstellungen von Szenen aus dem Arbeitermilieu, von leidenden Müttern und Kindern. In ihren meist farbigen Arbeiten der Pariser Zeit aber zeigte sie sich sinnenfroh. Ein weiblicher Rückenakt voller Sinnlichkeit eröffnet, neue Perspektiven im Werk der Künstlerin. Zu den Höhepunkten der Kölner Ausstellung gehört eine Gegenüberstellung von Kollwitz’ Plastik „Liebespaar“ mit Werken von Auguste Rodin („Der Kuss“).

Zweimal besuchte Kollwitz den älteren Rodin 1904 in seinem Atelier. Er galt ihr als Wegbereiter der Moderne auf dem Gebiet der Skulptur. Der Direktor der Berliner Nationalgalerie, Hugo von Tschudi, gab ihr ein Empfehlungsschreiben mit, in dem er bemerkte, Käthe Kollwitz sei sehr begabt und zähle zu „unseren besten Künstlerinnen. Sie verdient Ihre Aufmerksamkeit.“ Die Künstlerin fand später zu Rodins Tod (1917) die trefflichen Worte: „Die von ihm ausgehende Kraft, die sein Werk ganz individuell belebte, setzte mich mit in Schwung …“

Die Kölner Ausstellung beleuchtet einen ganz neuen Aspekt im Werk der Käthe Kollwitz. Eine begleitende Monographie präsentiert zahlreiche neue Erkenntnisse in der Kollwitz-Forschung und zeigt erstmals bisher unbekannte Kollwitz-Werke, darunter eine Tuschezeichnung, die vom Museum kürzlich als sogenannter „Dachbodenfund“ erworben wurde.            Silke Osman

Die Ausstellung „Paris bezauberte mich – Käthe Kollwitz und die französische Moderne“ im Käthe Kollwitz Museum, Neumarkt 18-24, Köln, ist bis 16. Januar 2011 dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende und feiertags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 5 / 2,50 Euro. Das Begleitbuch aus dem Hirmer Verlag (240 Seiten, über 230 meist farbige Abbildungen) kostet in der Ausstellung 29 Euro, im Buchhandel 39,90 Euro.


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