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27.11.10 / Die Bilanz der Ersten Teilung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Die Bilanz der Ersten Teilung

Der Begriff Teilung ist insoweit irreführend, als die Ostmächte nicht Polen in seiner Gesamtheit, sondern „nur“ 30 Prozent seines Territoriums mit 35 Prozent seiner Bevölkerung unter sich aufteilten. Den flächenmäßig größten Teil nahm sich Polens De-facto-Protektoratsmacht Russland mit rund 84000 Quadratkilometern und 1256000 Einwohnern. Russisch wurden nun die Woi­wodschaften Polock, Mstislav und Polnisch Livland. Das Zarenreich erreichte damit endlich seine bereits mehr als ein Jahrhundert zuvor geforderte „natürliche Grenze“ Düna.

Den volkreichsten Anteil bekam Österreich mit dem südlich der oberen Weichsel gelegenen Teil Kleinpolens sowie fast ganz Rotruthenien und Teilen Wolhyniens wie Podoliens. 2,67 Millionen Einwohner und damit mehr als doppelt so viele Menschen wie im russischen Teil lebten auf dem mit 83900 Quadratkilometern nur unwesentlich kleineren österreichischen Erwerbungen. Mit ihnen war die Donaumonarchie in den Besitz des am dichtesten besiedelten Agrargebiets Europas gelangt. Da die ungarischen Könige sich seit dem Mittelalter auch Könige von Galizien und Lodomerien nannten, machten die Habsburger ihre polnische Erwerbung zum „Königreich Galizien und Lodomerien“, um ihre dortige Herrschaft zu legitimieren. Der Zusatz „und Lodomerien“ geriet dabei mit der Zeit außer Gebrauch, so dass „Galizien“ als Bezeichnung blieb.

Den sowohl an Quadratmetern als auch Einwohnern kleinsten Anteil erhielt Preußen, das zudem auf den Gewinn Thorns und Danzigs verzichten musste. Es erhielt mit dem Ermland, Westpreußen, dem Netzedistrikt und dem Kulmerland „nur“ 34900 Quadratkilometer mit 356000 Einwohnern. Trotzdem gilt es als der eigentliche Gewinner der Ersten Teilung Polens. Erstmals waren die beiden Kerngebiete des Hohenzollernstaates, Brandenburg im Reich und Preußen außerhalb, durch eine Landbrücke vereint. Und endlich konnten sich die Hohenzollern dank der Erwerbung des Ermlands und Westpreußens, nicht mehr nur verkrampft „König in Preußen“, sondern wie „normale“ Herrscher „König von Preußen“ nennen. Für die Finanz- und Wirtschaftskraft und damit auch für die militärische Leistungsfähigkeit wichtiger war für den Hohenzollernstaat, dass nun vier Fünftel des polnischen Außenhandels fortan über sein Territorium verlief. Abgesehen von der daraus resultierenden wirtschaftlichen Abhängigkeit Polens zog Friedrich allein aus den Zöllen auf den polnischen Weichseltransit mehr Einkünfte als der Nachbarstaat aus allen seinen Einnahmequellen zusammen. Und das war nicht wenig, war Polen doch nach der Ersten Teilung mit sieben Millionen Einwohnern auf 527000 Quadratkilometern immerhin so volkreich wie England mit Wales und so groß wie Frankreich.       M.R.


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