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27.11.10 / Verteidiger der Terroristen / Otto Schily, Hans-Joachim Ströbele und Horst Mahler im Bann der RAF

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Verteidiger der Terroristen
Otto Schily, Hans-Joachim Ströbele und Horst Mahler im Bann der RAF

Der „Deutsche Herbst“ erlebte im vergangen Jahr vor allem durch den Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“, aber auch durch andere Dokumentationen und Publikationen eine neue Aufmerksamkeit. Seit einiger Zeit liegt nun auch das Buch zur 2009 gesendeten ARD-Dokumentation „Die Anwälte – Eine deutsche Geschichte“ vor. Hierin zeichnen die beiden Journalisten Martin Block und Birgit Schulz nach, inwieweit die Anwälte Hans-Joachim Ströbele, Horst Mahler und Otto Schily in den Terror der Roten Armee Fraktion (RAF) verstrickt waren.

Zu Beginn erwähnen die Fernsehmacher, wie schwierig es war, die drei Protagonisten zu den Geschehnissen von früher zu interviewen. Vor allem Schily, der in der rot-grünen Regierung Schröder Innenminister war, äußerte sich erst, als der Film nach drei Jahren Recherche fast fertig war. Mahler, der zur Zeit der Recherchen mal wieder in Haft saß, dieses Mal aber nicht wegen linksextremen Terrors, sondern wegen Holocaust-Leugnung, gab ebenfalls ungern Auskunft über die alten Zeiten, die die drei als Anwälte gemeinsam verbracht haben.

Einfühlsam schildern die beiden Autoren den Werdegang der drei Juristen, stellen das jeweilige Elternhaus vor und machen deutlich, wie sie zu ihrer linken politischen Einstellung fanden und welche Auswirkungen der Fall Benno Ohnesorg auf sie hatte.

Erst lernten sich Mahler und Schily als Gegner bei einem Prozess kennen, später arbeiteten sie zusammen. Und als Mahler selbst wegen Aufstachelung zur Gewalt gegen den Springer-Verlag vor Gericht stand, wurde er von Schily vertreten. Dieser landete einen Coup, als er 1968 Axel Springer als Zeuge lud und ihn bezüglich der einseitigen Veröffentlichungen vor allem in der „Bild“ in die Mangel nahm. Der heutige Grünen-Politiker Ströbele fing später bei Mahler im Anwaltskollektiv als Referendar an, das, wie die Autoren schildern, keineswegs gemeinschaftlich geführt wurde, sondern in dem Mahler stets den Ton angab.

Erst vertraten die Anwälte nur linke Demonstranten aus der Studentenszene oder 1969 den berühmten Studentenführer Rudi Dutschke bei der Klage gegen seinen Attentäter. Als später aus einigen der linken Demonstranten Terroristen geworden waren, blieben die Anwälte ihren Mandaten treu. Mahler ging sogar dann bei Befreiung von Andreas Baader zusammen mit Ulrike Meinhof, Baader und Ensslin in den Untergrund und floh mit nach Jordanien. Immerhin war er der Einzige, der nicht dafür stimmte, den ebenfalls geflohenen Partner von Ulrike Meinhof, Peter Homann, zu ermorden. Dieser sollte nämlich, weil er nicht immer Baaders Meinung teilte, wegen möglichen zukünftigen Verrates gelyncht werden.

Bei ihrer Rückkehr nach Deutschland verstärkte die RAF ihren Terror. Von Brandanschlägen mit Sachbeschädigung ging sie zu Bombenanschlägen, Entführungen und Banküberfällen über. Tote waren nun gewollt. 1972 wurden Baader, Ensslin, Meinhof, Mahler und Co. wieder gefasst und Schily und Ströbele übernahmen die Verteidigung.

Block und Schulz schildern, mit welcher Strategie die Anwälte dabei vorgingen. Schily versuchte sogar, die Terroristen als Kriegsgefangene nach Genfer Konvention darzustellen, schließlich hätten sie auf deutschem Boden anlässlich des Vietnamkrieges gegen die USA gefochten. Auch versuchte er, die Zwangsernährung der in den Hungerstreik getretenen Gefangenen zu verhindern. All das, obwohl er selbst − anders als Mahler − auf dem Wege des Rechtsstaates Veränderungen im System erreichen wollte.

Schily und Ströbele gerieten in Verdacht, Dinge und Informationen der Gefangenen zu schmuggeln. Ströbele wurde sogar als Anwalt ausgeschlossen und später wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Heute berichten Ströbele und Schily, unter welchem psychischen Druck sie damals bei der Vertretung der Angeklagten gestanden hätten. Und auch wenn die Protagonisten es selbst nicht sagen, so stellen die Autoren dar, welcher Kleinkrieg zwischen den Gefangenen herrschte. Erst wurde Holger Meins, später Meinhof in den Tod getrieben, um sie dann als Märtyrer zu stilisieren. Derart skrupellose Menschen zu vertreten kann gar nicht spurlos an einem Menschen zumindest wie Schily, der durchaus bestimmte bürgerliche Werte hochhielt, vorbeigegangen sein.

Am Ende geht das Journalistenteam noch auf die späteren Karrieren der drei Anwälte ein. Interessant zu lesen ist hier beispielsweise, dass Hans-Joachim Ströbele, der bis heute zu den Köpfen der Anti-Atom-Bewegung gehört, noch in den 70er Jahren zusammen mit Rudi Dutschke die Atomkraft als Technik der Zukunft gesehen hat. Oder dass der spätere Kanzler Schröder Mahler vertreten hat. Und auch sonst ist das vorliegende Buch reich an aufschlussreichen Informationen, die dazu führen, dass man die Politiker Schily und Ströbele mit ganz anderen Augen sieht.      Rebecca Bellano

Martin Block und Birgit Schulz: „Die Anwälte – Eine deutsche Geschichte“, Fackelträger, Köln 2010, gebunden, 315 Seiten, 19,95 Euro


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