28.03.2024

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04.12.10 / Wirtschaftspolitik im Park

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-10 vom 04. Dezember 2010

Wirtschaftspolitik im Park
von Theo Maass

Alles ist politisch – selbst Nachmittagsspaziergänge unterliegen diesem Grundsatz. Hundebesitzer haben es gut und auch wieder nicht. „Hector“ zwingt mich dreimal täglich, das Haus zu verlassen und mich an der frischen Luft zu bewegen. Mein Arzt meint, das täte mir gut, die Krankenkasse freut sich, weil ich weniger Kosten verursache. Auch Herr Wowereit ist begeistert, denn „Hector“ spült 120 Euro Hundesteuer in die Kasse von Berlins bekanntestem Partymeister.

So drehe ich mit Hector im Park meine Runden. Aber was ist das? Hinter dem Schilf des Teiches entdecke ich dunkle Uniformen, die zu den Bediensteten des Ordnungsamtes gehören. Ich habe sie rechtzeitig erspäht, um ihnen aus dem Weg zu gehen, denn zwar ist „Hector“ angeleint, aber es ist so wie mit der Autoverkehrskontrolle: Irgendwas finden sie immer zum Abkassieren.

Oma Hartmann hat weniger gut aufgepasst und kann auch nicht so schnell entfleuchen. Ihr altersschwacher Dackel „Krümel“ ist nicht angeleint. Warum ihn damit quälen, den 16-jährigen Hundegreis? Zudem hat Oma Hartmann die Hundemarke vergessen: Macht zusammen 50 Euro.

Nach diesem Ausflug in die Welt der Gesundheits-, Finanz- und Innenpolitik stolpern mir drei Arbeiterdenkmäler entgegen. Es sind hochmotivierte Ein-Euro-Jobber, die sich engagiert an Besen, Rechen und Harke festhalten. Ich komme mit einem ins Gespräch. Der ist seit zehn Jahren arbeitslos, gelernter Gärtner und findet nix mehr. „Das kommt vom Euro“, glaubt er. Früher hätten vier Gartenbaumitarbeiter den Park in Ordnung gehalten. Zwei davon seien jetzt in Rente, als Ersatz gebe es die drei Ein-Euro-Leute.

Neuerdings kommen nachts Wildschweine in den Park. Morgens kann man die aufgerissenen Rasenflächen bestaunen. Aber der Rasen wird nicht mehr repariert: Personalmangel. Der Förster sei im Bilde und solle das Schwarzwild erlegen, heißt es. Gesehen hat ihn noch keiner. Oma Hartmann weiß warum: „Der weiß nicht, wann die Wildschweine kommen.“ „Ach so, deswegen ist er Förster“, murmele ich.

Angelehnt an Gustav Freytag ziehe ich Bilanz – „Soll und Haben“.

Wowereit kassiert 120 Euro – ohne Gegenleistung.

Oma Hartmann kann diesen Monat wegen „Krümel“ nicht ins Kino gehen.

Das Bezirksamt spart zwei Mitarbeiter ein und Frau Merkel streicht dafür drei Leute aus der Arbeitslosenstatistik.

Haben die Wildschweine recht? Sie machen das, was sie für richtig halten – unabhängig davon, ob sie das nun dürfen oder nicht. Weder Ordnungsamt noch Förster unternehmen etwas dagegen – aber das ist ja auch Politik.


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