19.04.2024

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04.12.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-10 vom 04. Dezember 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

heute bietet unsere Familienseite so etwas wie einen „Bunten Teller“, wir sind ja schließlich im Advent, und da darf man sich dieses Wortspiel erlauben. Unser Post­ein­gang enthält eben nicht nur Wunschbriefe und Erfolgsmeldungen, sondern auch viele Zuschriften, die ihren Niederschlag nicht in unserer Kolumne finden, weil diese in erster Linie für die Suchfragen bestimmt ist. Meistens haben die Betreffenden spontan zur Feder gegriffen, weil ein Thema, oft nur ein Wort oder ein Bild unvermutet Erinnerungen an Kindheit und Heimat in ihnen erweckten, oder weil eifrige Leser glauben, Fehler entdeckt zu haben, und eine Korrektur wünschen. Oder weil sie ganz einfach nur dankbar bestätigen wollen: Es ist gut, dass es unsere Ostpreußische Familie gibt. Und so will ich versuchen, ein paar Kostproben von diesem bunten Familienteller weiter zu reichen, denn auch manchem von Euch, lewe Landslied, liebe Freunde, werden sie schmecken.

Da muss ich zuerst auf den Brief von Herrn Bernhard Sausmikat aus Recklinghausen eingehen. Endlich – wird unser Landsmann sagen, denn er wandte sich schon vor einem Vierteljahr an mich. Dass er bisher keine Antwort bekam, hat schon seinen Grund: Herr Sausmikat hat dem Schreiben auch ein Heftchen beigelegt, in dem er seine „Ostpreußischen Erlebnisse als 16-Jähriger, 1944–45“ dokumentiert. Auch wenn ich sie nur auszugsweise bringen kann, benötigen sie viel Platz auf unserer Seite, und wenn akute Suchfragen vorliegen – und das ist ja zumeist der Fall – haben diese Vorrang, weil wir ja Zeitzeugen finden müssen. Also schob ich die Bearbeitung immer von einer Folge zur nächsten, und so will ich jetzt wenigstens auf seinen Brief eingehen, damit er weiß, dass mir sein Anliegen am Herzen liegt. Unser Landsmann schreibt:

„Vielen Dank zuerst einmal für die vielen Beiträge und Kommentare im Ostpreußenblatt. Seit Jahren lese ich es – kein Wunder eigentlich: Geboren 11. Mai 1928 in Mallinen, Kreis Pillkallen/Schlossberg. Was mir schon lange auf der Seele lag, möchte ich nun doch verwirklichen: Mein langjähriger Schulfreund Hans-Jürgen Aberger, Jahrgang 27, wohnhaft zuletzt in Gumbinnen, Luisenstraße 25, jetzt wohnhaft in Bremen – drängte mich sehr oft dazu, doch einmal meine ostpreußischen Erlebnisse, insbesondere während der Flucht 1944–45, zu schildern, auch öffentlich, beziehungsweise Ihnen zu schicken zur möglichen weiteren Verwendung – nach Lektüre natürlich. Das ist hiermit getan. Ich würde mich natürlich freuen, wenn Sie diese so heimatlich gedachten und gefühlten Erinnerungen irgendwie – vielleicht auch auszugsweise – verwenden würden, könnten, möchten. Gerade weil in meinen Aufzeichnungen Gumbinner Namen genannt werden. Auch diese sind vielleicht unter ,Familienfreunde‘ zu erwähnen …“

Soweit das Schreiben von Herrn Sausmikat, in dem schon Vermutungen zu den Problemen geäußert werden, die bisher eine Veröffentlichung verhinderten. Ich würde Auszüge aus den Aufzeichnungen gerne bringen, könnte es auch, möchte es sehr gerne – und werde es auch tun, sobald ich eine Familienseite dafür frei habe. Gerade unsere älteren Leser dürften sich für die Erinnerungen des heute 82-Jährigen an seinen Einsatz beim „Räumungskommandos“ in Gumbinnen, zu dem der 16-jährige Schüler verpflichtet worden war, interessieren. Ich habe sie mit großer Anteilnahme gelesen, das will ich zuerst einmal Herrn Sausmikat bestätigen und ihm für die Übermittlung danken.

Und auch solche Briefe bekomme ich: „Ich habe keine Frage und keinen Wunsch“ – so beginnt das Schreiben von Herrn Bruno Fritz aus Kalkar. So oder ähnlich lauten manche Zuschriften aus dem Leserkreis, die besagen wollen: „Wir finden die Ostpreußische Familie gut und macht weiter so!“ Aber Herr Fritz macht uns auch ein Geschenk, ein doppeltes sogar, und bedankt sich damit für unsere „wertvolle Arbeit“. Es sind zwei liebevoll mit heimatlichen Motiven gestaltete Hefte: „Eine kleine Sammlung ostpreußischer Worte“ und „Ostpreußische Sprichwörter und volkstümliche Redensarten“. Bruno Fritz hat die Hefte selber hergestellt, wie und warum erklärt er so: „Die Originale habe ich in der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne geliehen. Das ist ja die frühere „Bücherei des Deutschen Ostens“. Sie finden dort alles, was wohl je über Ostpreußen geschrieben wurde. Ich habe die Bücher über unsere örtliche Bücherei (Fernleihe) bekommen. Da gibt es ja richtige Kostbarkeiten. Vielleicht ist da mal ein kleiner Hinweis bei Ihnen angebracht?“ Was hiermit geschieht, lieber Landsmann, zugleich mit einem herzlichen Dank für die beiden liebevoll gestalteten Hefte. Weil Herr Fritz sie für seine Kinder gedacht hat, die Originale aber für diese wegen der Frakturschrift schlecht lesbar sind, hat er sie „übersetzt“. Für mich besonders interessant sind die Sprichwörter, einer größeren Sammlung von Hermann Frischbier entnommen. Der Königsberger Pädagoge und Volkskundler war auf das Innigste mit der plattdeutschen Sprache des Volkes, seinen Sitten und Gebräuchen vertraut. Er hat wirklich „dem gemeinen Mann aufs Maul geschaut“ – die zuerst 1864 veröffentlichten Ergebnisse erregten allerdings aufgrund ihrer Deftigkeit viel Ärgernis und wurden sogar zeitweise verboten. Dem hat auch Herr Fritz Rechnung getragen und hat einige sehr derbe Sprichwörter vermieden, um niemanden zu verärgern. Die in dem Heftchen enthaltenen geben aber auch schon einen Überblick über die Weisheiten und Erkenntnisse, die unsere Vorfahren in ihrem harten Leben gewannen und in ihrer Alltagssprache weitergaben. Und manches Sprichwort hat auch noch heute fern dem Boden, auf dem sie wuchsen, seine Gültigkeit, wie „Ein kleines Etwas ist besser als ein großes Garnuscht“ –

Und mit so einem kleinen Etwas geht es weiter. Ich hatte vor neun Jahren im Ostpreußenblatt einen Beitrag über das „echte“ Ostpreußenlied, also über die Originalfassung von „Land der dunklen Wälder“ veröffentlicht, weil immer wieder gefragt wurde, welche Version nun eigentlich die richtige sei. Wir erleben es auch heute noch, wenn auf einem Heimattreffen oder einer anderen Veranstaltung das Ostpreußenlied gesungen wird, dass es zu Unstimmigkeiten kommt. Manchmal werden dritte und vierte Strophe ausgetauscht, doch zumeist scheiden sich die Geister an der letzten. Die einen beginnen mit „Tag ist aufgegangen“, die anderen mit der dritten Zeile: „Licht hat angefangen“ Da ich mit dem Autor Erich Hannighofer wie mit dem Komponisten Herbert Brust durch unsere gemeinsame kulturelle Arbeit eng verbunden gewesen war, kannte ich auch die Urfassung dieses schönsten aller Heimatlieder, das ursprünglich den Schlusschoral des Brust-Oratoriums „Ostpreußenland“ bildete, als es 1933 im damaligen Ostmarken-Rundfunk uraufgeführt wurde. Der junge Hannighofer hatte die Worte und sich damit in die Ewigkeit eingeschrieben, denn es wird immer „unser Ostpreußenlied“ bleiben. So konnte ich also richtigstellen, dass die richtigen Endzeilen des Chorals „Licht hat angefangen, steigt im Ost empor“ lauten. Diesen Artikel entdeckte nun eine Studentin in dem Textarchiv der PAZ im Internet (www.ostpreussen.de/textarchiv/

chronologisches-archiv.html) und fand ihn so interessant, dass sie ihn in ihrer Magisterarbeit zitieren will. Darüber kann man sich doch freuen, wenn unsere Arbeit von jungen Menschen beachtet und auf wissenschaftlicher Ebene weiter getragen wird.

Natürlich wird auch manchmal moniert, ob berechtigt oder nicht. In Folge 41 veröffentlichten wir das Foto von dem Gedenkstein auf dem ehemaligen Königsberger Luisenfriedhof, der von der Königsberghilfe Bonn für die hier bei den Kämpfen und der russischen Okkupation Umgekommenen errichtet wurde. Die Inschrift lautet: „Zur Erinnerung an die Menschen, die hier lebten, Ostpreußen und Königsberg als ihre Heimat liebten, die von hier in die Ewigkeit Gottes gingen und deren Leiber hier auf dem ehemaligen Luisenfriedhof beerdigt wurden.“ Die Aufnahme war im Frühsommer während des Besuches ehemaliger Königsberger Waisenkinder gemacht worden, als diese den von ihnen gespendeten Gedenkstein für ihre damaligen Schicksalsgefährten, die das Grauen nicht überlebten, einweihten. Beide Steine stehen nun zusammen auf dem ehemaligen Luisenfriedhof. Die für die kleine Gruppe federführende Frau Helga van de Loo überließ mir zur Dokumentation ein ganzes Bündel Fotos, darunter auch das von dem Gedenkstein der Bonner Königsberghilfe. Nun glaubte ein aufmerksamer Leser aus Heidelberg, auf diesem einen bedauerlichen Rechtschreibfehler zu erkennen – statt „ihrer“ Heimat sei dort „Ihrer“ Heimat zu lesen – und fragte an, ob man nicht diesen Fehler korrigieren müsste. Ich kann Herrn Dr. B. beruhigen: Es sieht auf der Abbildung nur so aus, als sei das I groß geschrieben, die Inschrift ist orthographisch richtig. Man bedenke, dass es sich um eine Privataufnahme handelt und die helle Gravur in dem roten Stein nur schwer erkennbar ist.

Ja, das ist nur ein Beispiel für die Akribie, mit der unsere Kolumne gelesen wird – aber so sind wir Ostpreußen nun mal, es muss alles seine Richtigkeit haben. Auch für Frau Ella Laugalies aus Rotenburg (Wümme), die seit langen darüber nachgrübelt, wo genau das Original der Kanttafel an der Königsberger Schlossmauer hing. Sie schreibt: „Auf der Aufnahme vom Atelier Krauskopf ist das Mauerwerk sehr rau, und nun lese ich, dass in Reisebüchern von anno dazumal – Königsberg/Pr. Reprint von 1927, 1938 und 1942 – unter ,Denkmälern‘ steht: Kanttafel, an der Zyklopenmauer des Schlosses, Kantstraße. – Aber wo ist die Stelle genau gewesen? Sie sind eine der letzten Zeitzeugen, die in der Mitte der Stadt gewohnt hat und darum bin ich guten Mutes, dass ich von ihnen eine Antwort bekomme!“ Zur Unterstützung legt Frau Laugalies drei Fotokopien bei und meint, dass ich mit Sicherheit auf wenigstens einem Lageplan die Stelle ankreuzen könne, wo die Tafel hing. Ich danke Frau Laugalies sehr für das Vertrauen, aber eben wegen unserer ostpreußischen Akribie kann ich nicht ihren Wunsch erfüllen, so genau habe ich es nicht mehr in Erinnerung und bitte deshalb unsere Leserinnen und Leser um Mithilfe. Zur Orientierung veröffentlichen wir den Lageplan des Schlosses zu Königsberg von Professor Lahrs. Anhand dieses Planes dürfte es möglich sein, Frau Laugalies mitzuteilen, wo genau die Kanttafel hing – auf den Zentimeter kommt es wohl nicht an, so pingelig sind wir nun auch wieder nicht. (Ella Laugalies, Goethestraße 5 in 27356 Rotenburg (Wümme), Telefon 04261/1515.)

Es weihnachtet ja nun schon sehr, und eigentlich ist es fast schon zu spät, den Wunsch einer Leserin zu erfüllen, der zu früh kam – das mag paradox klingen, aber es stimmt. Bereits im März erhielt ich ihre Frage nach einem alten Weihnachtslied, das sie in ihren Liederbüchern nicht finden konnte. Das war für mich nun nicht gerade die passende Zeit, und deshalb verschob ich die Angelegenheit auf den Spätherbst – na ja, den Rest kann man sich denken. Allerdings kann ich den Wunsch unserer Leserin aus Reinhardshagen nun erfüllen, ohne die Ostpreußische Familie zu bemühen, denn a) kenne ich es und habe es schon im Schulchor gesungen, b) fand ich es in einem alten Chorbuch. Es ist eigentlich kein Weih­nachtslied, obgleich es genau so beginnt wie eines unser liebsten Weihnachtslieder „O Tannenbaum …“, klingt aber nicht so fröhlich, sondern ernst und gottesfürchtig im dunklen Mollton, „… du trägst einen grünen Zweig, den Winter, den Sommer, das dauert die liebe Zeit“. Ich kann auch unserer Leserin sagen, dass es aus Westfalen stammt, von Albert Thate vertont wurde, aber wer es geschrieben hat, ist nicht vermerkt. Ich nehme an, dass es ursprünglich in niederdeutscher Sprache verfasst wurde, das lässt der hochdeutsche Text vermuten. Vielleicht weiß jemand etwas Näheres über den Ursprung dieses Tannenbaum-Liedes?

Eure Ruth Geede


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