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11.12.10 / Plädoyer für ein Denkmal / Festansprache Michael Wolffsohns in der Berliner Nikolaikirche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-10 vom 11. Dezember 2010

Plädoyer für ein Denkmal
Festansprache Michael Wolffsohns in der Berliner Nikolaikirche

Die „Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus/Stalinismus“ hat aus Anlass ihres 20-jährigen Bestehens gemeinsam mit der „Deutschen Gesellschaft“ eine Festveranstaltung unter dem Titel „Das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin und 20 Jahre Gedenkbibliothek – Orte der Erinnerung, der Gegenwart und der Zukunft“ ausgerichtet. Im Zentrum der Veranstaltung in der Nikolaikirche stand ein Vortrag des Historikers Michael Wolffsohn, der sich dem Thema „Freiheit und Einheit“ widmete. In heideggerscher Manier legte er die Bedeutung des wiedergewonnenen hohen Gutes der Freiheit dar – es bilde einen historischen Kontrapunkt zum Dritten Reich und der Zeit der Teilung. Wolffsohn gab sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass man in Deutschland „fast nie Freude oder Dankbarkeit“ hierüber begegne. Dem stellte er fast beschwörend seinen Ruf ins Auditorium entgegen: „Es werde das deutsche Freiheits- und Einheitsdenkmal.“ Er plädierte für eine Lösung, welche die sich gegenseitig bedingende „deutsche Einheit“ und „Vielfalt“ zum Ausdruck bringen. Deshalb sprach er sich für die Bevorzugung abstrakter und mehrdimensionaler Konzepte aus.

In einer anschließenden Gesprächsrunde diskutierte der Festredner mit dem Gründungsdirektor des ARD-Hauptstadtstudios Jürgen Engert und dem Herausgeber des „Tagesspiegels“ Hermann Rudolph die Gestaltung des in Planung begriffenen Freiheits- und Einheitsdenkmals ebenso wie den dazu geführten Diskurs. Hierbei lieferte der Mitinitiator des Denkmals Engert den stärksten Redebeitrag, indem er das für das Bewusstsein der Deutschen symptomatische Fehlen jeglicher ernsthaften Diskussion hervorhob. „Was sind wir eigentlich? Was wollen wir eigentlich sein?“ – diese wichtigen Fragen seien es, die trotz ihrer immanenten Bedeutung schlichtweg unbeachtet blieben.

Abschließend ließ die ehemalige DDR-Bürgerin Ursula Popiolek, auf deren Initiative die Bibliothek zurückgeht, 20 Jahre Gedenkbibliothek Revue passieren, was angesichts von zirka 500 absolvierten Bildungsveranstaltungen in 15 Minuten – wie sie selbst anmerkte – lediglich fragmentarisch möglich war. Nichtsdestoweniger machte die nachgezeichnete große Linie deutlich, dass idealistisches gesellschaftliches Engagement zu einem beachtlichen Erfolg führen kann und einen unverzichtbaren Beitrag zur allgemeinen Meinungs- und Willensbildung darstellt, selbst bei politischem Gegenwind und persönlich schmerzlichen Rückschlägen: Von einer „Rufmordkampagne“ sowie einem Wasser- und zwei Brandanschlägen wissen Popiolek und ihre Mitstreiter zu berichten.

Freiheit, Einheit und Vielfalt – welche Geschenke sie für unser Land darstellen, wurde an diesem Abend wieder einmal deutlich. Erneut wurde jedoch auch kein Wort über die vertriebenen Deutschen aus dem Osten verloren. Erstaunt dies angesichts der Widrigkeiten, denen die Gedenkbibliothek begegnete? „Auch in einem freien Land muss die Freiheit jeden Tag erkämpft werden“, stellte Wolffsohn zu Recht fest.   Tilman Asmus Fischer


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