18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.12.10 / Die Kompromisse werden fader und fauler / Während sich Europas Regierungschefs noch hohle Treueschwüre zuraunen, stellt sich die EZB auf Staatspleiten ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Die Kompromisse werden fader und fauler
Während sich Europas Regierungschefs noch hohle Treueschwüre zuraunen, stellt sich die EZB auf Staatspleiten ein

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Der Plan zur Ausgabe sogenannter Euro-Anleihen kam nicht auf die Tagesordnung des mit Spannung erwarteten EU-Gipfels in Brüssel vergangene Woche. Er wolle jetzt nicht "mit dem Kopf durch die Wand", sagte dazu Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, einer der Hauptbefürworter einer Vergemeinschaftung der Schulden aller Euro-Länder.

National wie international wird die deutsche Kanzlerin als Gewinnerin des Gipfels gesehen. Hauptsächlich auf das Konto der Deutschen wird gebucht, dass der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (ESM) an "strikte Vorgaben" geknüpft sei. Der ESM soll den bisherigen Euro-Rettungsschirm ab 2013 ersetzen. Der Lissabonner Vertrag wurde so angepasst, dass ein solcher Mechanismus gebaut werden kann.

Der ESM orientiert sich in seiner Struktur am Internationalen Währungsfonds (IWF) und soll auch dessen Durchgriffsbefugnisse erhalten. Der IWF kann strenge Sparauflagen in einem Land anordnen und Umstrukturierungen in der Wirtschaftsordnung durchsetzen. Zunächst hatte sich Kanzlerin Merkel strikt gegen einen solchen europäischen Fonds wie den ESM gewehrt. Sie gibt sich nun aber mit den "strikten" Regeln des Instruments zufrieden.

Der ESM soll folgendermaßen funktionieren: Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der IWF stellen gemeinsam fest, dass ein Euro-Land zahlungsunfähig ist. Bevor ihm aus Mitteln des ESM geholfen wird, muss das Pleiteland einen "Restrukturierungsplan" mit seinen  Gläubigern vereinbaren. Das könnte heißen: Die Gläubiger verzichten auf Zinsen, stunden die Schuld oder verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen ganz.

Für alle ab 2013 ausgegebenen Staatsanleihen von Euro-Ländern gilt daher eine Klausel, in der sich die Gläubiger mit der Möglichkeit einer (für sie womöglich verlustreichen) Restrukturierung einverstanden erklären.

Kritiker eines Europäischen Währungsfonds fragen allerdings, warum ein solcher Fonds nötig sein soll, wenn er doch nichts anderes tue als das, was der IWF schon seit Jahrzehnten leistet. In der Frage schwingt der Verdacht mit, dass es mit den "strikten Regeln" im Ernstfall, wenn die Verantwortlichen in Brüssel, Frankfurt und den EU-Hauptstädten Farbe bekennen müssten, nicht so weit her ist. Sprich: Dass man einen eigenen IWF baue, damit dieser weicher vorgehe als das Original. Die zahllosen gebrochenen Stabilitätsabkommen und -schwüre sind Wasser auf die Mühlen der Skeptiker.

Unterdessen deuten neue Zeichen auf eine sich weiter verschärfende Schuldenkrise. Die EZB hat ihr Grundkapital um fünf auf 10,8 Milliarden Euro erhöht. Als größter Anteilseigner muss die Bundesbank gut eine Milliarde davon aufbringen.

Grund: Die EZB hat mittlerweile Staatsanleihen von Wackelländern wie Griechenland oder Irland am freien Markt von Besitzern gekauft, die diese loswerden wollten. Der Gesamtwert der Anleihen beläuft sich mittlerweile auf 72 Milliarden Euro. Entgegen allen Versicherungen geht die EZB offenbar doch davon aus, dass ein Teil der Anleihen nicht mehr oder nur noch teilweise zurückgezahlt wird. Für die dann fälligen Abschreibungen in ihrer Bilanz benötigt sie daher deutlich mehr Kapital als bisher angenommen.            Hans Heckel


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren