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25.12.10 / Kirche verhandelt hart / Polen: Katholische Kirche fordert Entschädigung in Milliardenhöhe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Kirche verhandelt hart
Polen: Katholische Kirche fordert Entschädigung in Milliardenhöhe

Bei Geld hört Frömmigkeit auf - wie es derzeit Polens "Eigentumskommission" demonstriert, die seit 20 Jahren den Raub der Kommunisten an Kirchenbesitz wiedergutmachen soll. Als sie am 17. Mai 1989 entstand, waren die Kommunisten noch an der Macht, und es erregte "Bewunderung", dass diese "Kirchenhasser zu einer Geste der Gerechtigkeit fähig" waren. 2010 ist die Kommission so in Verruf geraten, dass die angesehene Wochenzeitung "Polityka" bereits 2009 forderte, sie baldigst zu beseitigen, "bevor sie durch laufende Korruptionsvorwürfe endgültig kompromittiert" würde. Ende 2010 sollte auch ihr Ende kommen, das per Gesetzesnovelle auf den 31. Dezember 2011 vertagt wurde. Es gibt für die Kirche noch einiges "zu holen"!

Die katholische Kirche wohlgemerkt, denn 1989 entstanden Kommissionen auch für evangelische, orthodoxe, jüdische und ökumenische Gemeinden. Die sind passé, während die katholische Kirche 1993 durch ein vatikanisches Konkordat noch an Bedeutung zulegte. Das hat ihr den Zorn der berühmten "Gazeta Wyborcza" zugezogen, die in diesen Wochen laufend Breitseiten auf Premier Donald Tusk und die "Devotheit des Staats gegenüber der Kirche" abfeuert.

Seit Monaten ist in "Gazeta Wyborcza", "Polityka" und anderen Zeitungen nachzulesen, um welche stolzen Ersatzansprüche es geht: 170000 Hektar Land, 490 Gebäude, darunter 19 Krankenhäuser, 26 Schulen, Museen, Theater, Bibliotheken und Bahnhöfe, zusammen über sechs Milliarden Euro. Wie viel jedes zu entschädigende Grundstück wert ist, bestimmt letztlich die Kirche selbst. Details regeln zwölf Mitglieder der "Eigentumskommission", die nicht zufällig mit 70 Prozent der Gehälter oberster Richter besoldet werden.

Bis Ende 1992 hat die Kirche 3063 Restitutionsforderungen erhoben, von denen bis Ende 2010 2800 Fälle bearbeitet wurden und 240 noch offen sind. Kirchenfürsten wie der Warschauer Kardinal Kazimierz Nycz drängen auf rasche Erledigung - um zu vertuschen, dass die Kirche längst mehr zurück bekam, als sie je besessen hat. Dieser in Polen seit Jahren geäußerte Verdacht wird zur Gewissheit, wenn man sich den kirchlichen Umgang mit ehedem deutschem Kirchenbesitz anschaut. "Polityka" schrieb schon voriges Jahr Klartext: "Ein Gesetz von 1971 überließ der katholischen Kirche zur unbegrenzten Nutzung Kirchen, Kapellen, kirchliche Gebäude und Ländereien, die vor dem Krieg zum Deutschen Reich gehört hatten, aber das Episkopat verlangte, als Erbe (spadkobierca) aller deutschen katholischen Pfarreien anerkannt zu werden." Besitzansprüche wurden oft mit schlechten Fotokopien deutscher Dokumente, auf denen nur der Hakenkreuzstempel wichtig war, unterstrichen, was polnische Woiwoden anfänglich als Rechtsbeugung ablehnten. Auch im ersten Jahrzehnt der Kommissionsarbeit hatten die kirchlichen "Monopolyspieler" kein Glück, erst die Regierungszeit der Kaczynski-Brüder und ihrer Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) brachte einen Durchbruch. Im März 2006 unterzeichneten Vizepremier Ludwik Dorn und Bischof Stanislaw Wielgus ein Abkommen, das der Kirche das "Recht" einräumte, von der Kommission "die Rückgabe deutscher Besitztümer" zu verlangen. "Nun war der Weg frei zu Dutzenden Pfarrgemeinden, Tausenden Hektar urbaren Landes und zahlreichen Gebäuden, was alles einen Wert von Hunderten Millionen Zloty darstellte."         Wolf Oschlies


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